Im Namen Dianas:Frauen auf dem Hochsitz

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Einbruch in eine Männerdomäne: Immer mehr Jägerinnen drängen in den Wald und mehr als 20 Prozent der Jagdscheinanwärter sind inzwischen weiblich

Georg Reinthaler

EbersbergLeichte Nebelschwaden ziehen an einem Morgen im Herbst langsam über eine Waldlichtung und bis auf das vereinzelte Schreien von Vögeln stört nichts die Idylle. Der Jäger im Unterstand genießt die Zeit in der Natur und ist mit sich und der Welt im Reinen. Seit einigen Jahren teilen auch im Landkreis Ebersberg immer mehr Frauen diese Passion, und das Klischee des edlen Waidmanns aus alten Heimatfilmen ist im neuen Jahrhundert längst überholt. Es hat immer schon Frauen gegeben, die jagen und heutzutage gehören sie einfach zum Bild mit dazu", erzählt Martin Otter, Vorsitzender der Kreisgruppe des Jagdverbands. Er repräsentiert knapp 600 Mitglieder, von denen mittlerweile schon jedes zehnte weiblich ist. "Bei den im Landkreis Ebersberg durchgeführten Abschlussprüfungen zur Jagdausbildung liegt die Frauenquote jeweils zwischen 20 und 30 Prozent." Dabei hätten die Jungjägerinnen verschiedenste Motivationen und entstammten nicht ausnahmslos traditionellen Jagd-Dynastien, sagt Otter. Die Frauen verfügen heute über ein besseres theoretisches Wissen als ihre männlichen Jagdgenossen", so Jürgen Vocke, Präsident des Bayerischen Jagdverbandes. Noch vor 20 Jahren hätten die Prüfer weibliche Kandidatinnen meist strenger bewertet und es ihnen damit schwer gemacht, zu bestehen. "Ich bin stolz darauf, dass immer mehr Frauen zur Jagd gehen und auch bereit sind, in Führungspositionen Verantwortung zu übernehmen", betont Vocke. Seit Mitte der 1990-er Jahre ist die Zahl der Jägerinnen bayernweit deutlich angestiegen und von den rund 45 000 Mitgliedern sind mehr als 3000 Frauen. Jagd bedeutet wesentlich mehr als nur in den Wald zu gehen und zu schießen", erklärt Astrid Brenninger, eine von insgesamt 61 Jägerinnen im Landkreis. Die 44-jährige Selbständige aus Ebersberg ist seit elf Jahren Jägerin und in ihrer Familie mit der Jagd aufgewachsen. "Ich sehe es als Berufung an und der Umgang mit der Natur ist längst nicht nur angenehm, sondern bringt zahlreiche Verpflichtungen mit sich." Ein zentraler Bereich sei beispielsweise jetzt im Vorfeld des Winters die Wildhege mit Tierfütterung. Außerdem engagierten sich die Jäger bei Anpflanzungen für Vögel und geschützte Tiere oder kümmerten sich um die Pflege alter Tümpel. Dennoch schwärmt Astrid Brenninger von den schönen Seiten ihrer Tätigkeit als Jägerin. "Wenn ich im Holz bin, wird das Handy ausgeschaltet und dann herrscht Ruhe, ohne dass einem jemand dazwischen redet." Sie begrüßt die steigende Anzahl der Jägerinnen, auch wenn es bislang nur wenige weibliche Berufsjägerinnen gebe. "Und das, obwohl sie fachlich genauso geeignet sind, wie die Männer." Natürlich könne man körperliche Nachteile von Frauen nicht wegleugnen, etwa wenn es um das Tragen schwerer Tiere im Gelände gehe. "Aber auch ein Jäger holt sich Hilfe, wenn er einen erlegten Hirsch transportieren muss", gibt Brenninger zu bedenken. Die Frauen seien weiter auf dem Vormarsch, was sich auch daran zeige, dass es innerhalb des Jagdverbandes bereits eigene Zusammenschlüsse von Jägerinnen gebe. Hinter der sehr umfassend angelegten Ausbildung, weitläufig als "Grünes Abitur" bekannt, stecke heutzutage ein enormer Aufwand, erzählt Martin Otter. Neben theoretischen Kenntnissen über Pflanzen- und Tierwelt müssen die angehenden Jägerinnen und Jäger Kenntnisse im Schießwesen und dem richtigen Fallenstellen vorweisen, sowie die Verwertung der Tiere nach der Jagd beherrschen. "Diese Fähigkeiten erfüllen Jägerinnen ganz genauso wie die Männer. Aber es gibt halt immer noch Einzelne, die sich einfach keine Frauen bei der Jagd vorstellen können", räumt der Kreisvorsitzende ein. Sein Verbandsvorsitzender Jürgen Vocke berichtet, dass sich Jägerinnen zu Beginn ihrer Tätigkeit oftmals noch beim Schießen schwer täten, dies jedoch mit viel Übung trotzdem schaffen könnten. "Mir ist keine Kreisgruppe bekannt, in der es ernsthafte Vorbehalte gegenüber Frauen gibt", versichert er. Astrid Brenninger ist von Beginn an selbstbewusst in ihre Rolle als Jägerin geschlüpft und noch nie auf Ablehnung durch Männer gestoßen oder gar negativ angesprochen worden. "Vielleicht trauen sie sich auch einfach nicht", sagt sie nicht ohne Ironie. Eine Bekannte habe kürzlich sogar einen Gutschein für einen Jagdkurs von ihrem Mann geschenkt bekommen, damit sie die Zeit gemeinsam verbringen können. "Es gibt eigentlich nichts Schöneres, als sich im Wald und in der Natur aufzuhalten. Das ist eine große Leidenschaft und dem Jäger geht es da nicht anders als etwa dem Fischer", schwärmt Brenninger.

© SZ vom 13.01.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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