Florale Bildkraft:Bunte Evolution hinter Glas

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Die neue Ebersberger Kunstpreisträgerin Moosacher Malerin Maja Ott stellt in der SZ-Galerie aus. Unter dem Titel "Flora - der Duft der Ferne" gibt es Phantastisches aus der Welt der Tiere und Pflanzen zu sehen

Rita Baedeker

Nicht nur Millionen Lichtjahre entfernte Galaxien sind fürs bloße Auge unsichtbar. Auch im Nahbereich pflanzlichen und tierischen Lebens, sowie in unzugänglichen Regionen der Ozeane gibt es Lebensformen, die unerreichbar oder noch vollkommen unbekannt sind.

Die Moosacher Malerin Maja Ott, diesjährige Kunstpreisträgerin der Stadt Ebersberg, ist von der Vielfalt der Formen, welche die Evolution hervorgebracht hat, fasziniert. In einer soeben entstandenen Serie von Hinterglasbildern gibt sie mikroskopisch kleinen Strukturen, einzelligen Lebewesen, Algen, Quallen, Korallen mit der ihr eigenen künstlerischen Handschrift plastische Gestalt. "Flora - der Duft der Ferne" lautet der Titel ihrer Ausstellung von Hinterglasbildern und Malereien, die bis Montag, 22. April, in der Galerie der SZ-Redaktion Ebersberg gezeigt werden. Die Hinterglasarbeiten sind nagelneu und werden zum ersten Mal öffentlich ausgestellt.

Gleich am Eingang zieht ein großformatiges, in leuchtenden tropischen Farben gestaltetes Hinterglasbild den Betrachter in Bann. Riesige Blüten mit prallen Stempeln leuchten heraus aus amorphen Formen und Farbflächen, man glaubt, ihren Duft wahrzunehmen, so intensiv sind die Farben. Manche der dargestellten Pflanzen kann man benennen, zum Beispiel "Protea cordata" mit ihren lang gestielten, herzförmigen Blättern oder saftige Sukkulenten. Der Phantasie entwachsen ist dagegen das Rad aus grünen, kunstvoll verwobenen filigranen Fasern. Das botanische Tableau scheint in einer Nährlösung aus Schlamm, Blüten, bonbonbuntem Plankton und anderen organischen Partikeln zu schwimmen, einer Ursuppe, die auch die Erinnerung an urzeitliche Felsritzungen konserviert, welche die Künstlerin in Schweden, wo sie sommers ein Atelier bezieht, entdeckt hat. Auf einem anderen Hinterglasbild sind es Schriftzeichen der Maya, die Maja Ott ins Ensemble einfügt - vielleicht eine originelle Art, das Bild zu signieren. Mehrzeller, Quallen und andere urtümliche Lebewesen, die viel älter sind als die Kultur der Maya, teilen sich mit den Schriftzeichen den Raum. Auch der im 19. Jahrhundert forschende Zoologe und Zeichner Ernst Haeckel und sein Standardwerk über Medusen und Staatsquallen sowie eine alte Ausgabe von Brehms Tierleben bilden für Maja Ott eine Fundgrube. Ob Kieselalgen, Kaiserkrone, Türkenlilie, ob indisch-orientalisch gemusterter Tintenfisch oder gigantische Borstenwürmer, denen man beim Tauchgang lieber nicht begegnen möchte: Maja Ott ist es nicht darum zu tun, jene vielbeinigen, stacheligen Wunderwesen naturgetreu abzubilden; sie interessiert sich mehr für formale Parallelen. Pflanzen, Tiere, menschliche Organe wie Auge und Ohr, sogar technische Bauteile stellt sie nebeneinander und dokumentiert so die grundsätzliche Verwandtschaft allen Lebens, aller Materie. Kaum kann man sich sattsehen an so viel Schönheit, an Geometrie und Symmetrie, am Horror vacui der Schöpfung - und der Künstlerin, die leere Flächen mit Ornamenten füllt.

Auf der gegenüberliegenden Seite zeigt Maja Ott eine Serie von Bildern auf schwedischen Hartfaserplatten, ein Malgrund, der den Farben besonderen Glanz verleiht, wie sie erklärt. Anders als beim Malen auf Plexiglas, dominieren hier großzügige, abstrakte Farbflächen, Zeichnungen und grafische Elemente. Auf einem der Gemälde stellt Maja Ott eine Gruppe von Menschen in Umrissen dar. Manche sitzen, einige stehen, in groben, aber sehr präzise gesetzten Linien sind Haltung, Figur und Geschlecht angedeutet, so dass man sogar die Stimmung, die hier herrscht, zu spüren scheint.

Doch dann kehrt die Künstlerin zurück in die Welt der Pflanzen und ins marine, meerfarbene Universum mit seinen durchsichtig scheinenden Medusen, die vorbeiziehen wie eine halluzinierte Fantasiegestalt und in den Tiefen des Unterbewusstseins wieder verschwinden.

Die Ausstellung von Malerei und Hinterglasbildern, Titel "Flora - Der Duft der Ferne", ist bis Montag, 22. April, in der SZ-Redaktion Ebersberg, Ulrichstraße 1, zu sehen, geöffnet Montag bis Freitag und Sonntag (auch Karfreitag und Ostermontag) von 10 bis 18 Uhr. Die Künstlerin Maja Ott aus Moosach ist Kunstpreisträgerin 2013 der Stadt Ebersberg. Ihr mit 1500 Euro ausgezeichnetes Hinterglasbild "Amygdala" ist noch bis 1. April im Rahmen der jurierten Jahresausstellung des Kunstvereins Ebersberg in der Alten Brennerei zu sehen. Weitere Hinterglasbilder sind in der Galerie Orplid in Icking und im Bistro Marktblick in Glonn ausgestellt.

© SZ vom 22.03.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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