Endspurt im Stichwahlkampf:Auf Konfrontationskurs

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SPD-Landratskandidat provoziert mit Anzeigenkampagne gegen Vaterstettens CSU heftige Kritik

Von Alexandra Leuthner

EbersbergDie Harmonie ist dahin. Noch zwei Wochen vor der Landratswahl am vergangenen Wochenende hatten die vier Landratskandidaten bei einer Podiumsdiskussion höchstens zwischen den Zeilen anklingen lassen, dass sie, wenn sie wollten, Kritik am politischen Kontrahenten üben könnten. Jetzt aber, nach dem ersten Wahlgang mit dem bekannten Ergebnis, das eine Stichwahl zwischen Vaterstettens Bürgermeister Robert Niedergesäß (CSU) und dem Grafinger Unternehmer Ernst Böhm (SPD) notwendig macht, gewinnt der Wahlkampf an Schärfe. Dazu trägt nicht zuletzt eine vom SPD-Kandidaten Böhm in den Tagen seit dem Wahlsonntag geschaltete Anzeigenserie bei, in der er das Wahlergebnis rechnerisch in eines mit den Vaterstettener Stimmen und eines ohne das Wählervotum aus der größten Landkreisgemeinde unterteilt.

Mal in schlichten Zahlen, mal in Statistik-Balken, mal als Torte in rot, orange, grün, gelb und schwarz, besagt Böhms Rechnung immer das selbe: Ohne die Wahlbeteiligung Vaterstettens läge das "Nicht-CSU"-Lager bei einer satten Mehrheit von 55,5 Prozent, während CSU und FDP - letztere hatten eine Wahlempfehlung für den Vaterstettener CSU-Kandidaten abgegeben - gemeinsam nur auf 44,5 Prozent gekommen wären. Eine zweite Torte visualisiert in der Anzeige das tatsächliche Ergebnis für Niedergesäß: 48 Prozent, symbolisiert in schwarz und gelb. 52 Prozent blieben für das Lager "Nicht-CSU", in das Böhm Freie Wähler, Grüne und natürlich die SPD mit orangefarbenen, grünen und roten Kuchenstücken hineinrechnet.

Zu dieser Ergebnisinterpretation befragt, erklärte Böhm, es sei Fakt, dass ein Viertel der Stimmen, die Niedergesäß erhalten habe, aus Vaterstetten gekommen sei. "In diesem Zusammenhang von einer Dominanz zu sprechen, ist sachlich richtig. Das kann man doch mal sagen." Der große Einfluss der Vaterstettener CSU im Landkreis sei ja nichts Neues. Außerdem wolle sich Böhm, da noch zehn Tage bis zur Stichwahl blieben, verstärkt abgrenzen von seinem Gegenkandidaten. Das tue er, in dem er klar sage, "ich bin nicht aus Vaterstetten und ich bin nicht in der CSU".

Eine Argumentation, der, wie sich in den vergangenen Tagen zeigte, nicht jeder Landkreisbürger folgen kann. Statt, "wie angekündigt frischen Wind", verbreite Böhm nun einen höchst anrüchigen "Duft" von Zank und Zwietracht, schreibt Peter Maicher aus Zorneding in einem Brief an die SZ. "Er versuche, regionale Gegensätze aufzubauen und für seinen Stimmenfang auszuschlachten." Im gleichen Tenor argumentiert auch Ewald Silberhorn, Kreisvorsitzender der FDP. Böhm kehre mit seiner "Ergebnisvariante ,ohne Vaterstetten' die Stimmen der Vaterstettener Bürger unter den Tisch". Damit stoße er eine "politische Gespensterdebatte" an, mit der er "einen Teil des Landkreises gegen den anderen aufhetzt". Das könne nicht Sache eines Landratskandidaten sein, schreibt Silberhorn. Florian Brilmayer, gegen Niedergesäß unterlegener CSU-Kandidat für die Landratswahl aus Ebersberg, und Ebersbergs Bürgermeister Walter Brilmayer, die sich ebenfalls zu Wort gemeldet haben, gehen noch einen Schritt weiter und werfen Böhm vor, mit seinen Zeitungsanzeigen tue er gerade das Gegenteil von dem, was von einem Landrat - gerade von einem, der auf seinen Plakaten damit werbe, "ein Landrat für alle" sein zu wollen -, erwartet werde. Er spiele die Regionen gegeneinander aus, bringe die Menschen gegeneinander auf. Er reiße Gräben auf, wo sie zugeschüttet gehörten. Burkhard Brießmann aus der so gescholtenen Gemeinde Vaterstetten schließlich spricht von einem "Bashing der größten Landkreisgemeinde und ihres Kandidaten". Damit belege Böhm, dass er im "angestrebten Amt offenbar die Interessen der ihm missliebigen Bürger Vaterstettens "missachtet".

Böhm selbst reagiert auf die Vorwürfe mit Gegenvorwürfen. Nicht er spalte den Landkreis, aber möglicherweise gebe es in der CSU unterschiedliche Richtungen. Im Übrigen hätten selbst CSU-Mitglieder wie Alt-Landrat Hans Vollhardt ähnliche Analysen angestellt, was den Einfluss der Vaterstettener CSU im Gesamtlandkreis angehe. "Ich bin also sicher nicht in die Verantwortung zu nehmen für abweichende Meinungen innerhalb der CSU." Überdies sei der Wahlkampf vor dem ersten Wahlgang als zu harmonisch bezeichnet worden - und es seien dann ja auch nur 40 Prozent zur Wahl gegangen. Vielleicht werde das nun besser.

© SZ vom 20.04.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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