Chaos:Durchtrennte Kabel legen S-Bahn lahm

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Am Montagnachmittag geht zwischen Haar und Zorneding nichts mehr. Tausende Pendler stranden im Berufsverkehr

Karin Kampwerth

Montagnachmittag um 16.30 Uhr: Die ersten Berufstätigen sind von München in Richtung Ebersberg oder umgekehrt auf dem Nachhauseweg. In Vaterstetten endet der Nachmittagsunterricht und die Schüler eilen zum Bahnhof. In Zorneding wollen Jugendliche nach Grafing ins Kino. Doch auf der Strecke der S4 und der S6 geht für die nächsten zweieinhalb Stunden gar nichts mehr. Mitten in der Hauptverkehrszeit stranden auf den Bahnhöfen von Haar und Zorneding tausende Pendler, weil eine Signalstörung den S-Bahn-Betrieb zwischen den beiden Stationen lahmlegt und keine Busse für den Schienenersatzverkehr (SEV) zur Verfügung stehen, um die Passagiere zu befördern.

Mit sage und schreibe drei Stunden Verspätung bin ich endlich zuhause angekommen", schreibt Markus Breunig aus Ebersberg, der seinem Ärger in einem offenen Brief an Bahnchef Rüdiger Grube Luft macht. "Welch ein Glanzstück hat die S-Bahn zur Hauptverkehrszeit wieder zu Wege gebracht", heißt es darin. Dokumentiert hat Breunig seine Erlebnisse auch mit einigen Fotos. "Anbei noch zusätzlich ein paar Bilder fröhlicher Menschen, die auf den SEV warten und gerne bereit sind, ihren Feierabend auf der Straße zu verbringen", schreibt er mit bitterer Ironie weiter.

Wir können uns nur dafür entschuldigen", sagt ein Bahnsprecher am Dienstag auf Nachfrage der SZ. Aber bei den Bauarbeiten für Lärmschutzwände in Haar hätten Arbeiter gleich 23 Kabel durchtrennt, die im S-Bahn-Stellwerk für die Steuerung der Weichen benötigt werden. Passiert sei das, weil vor der Errichtung der Lärmschutzwände zunächst die Kabel mit so genannten Suchschächten geortet werden müssten. "Normalerweise sind die in einer Tiefe von 80 bis 100 Zentimetern verlegt", erklärt der Sprecher. In diesem Fall hätten sie aber gute 30 Zentimeter tiefer gelegen - und seien beim Vorantasten durchtrennt worden. Erst um acht Uhr früh am Dienstagmorgen sei der Schaden vollständig behoben gewesen. "Die ganze Nacht hindurch sind 2,5 Kilometer Kabel neu verlegt worden", erklärt der Sprecher. Bereits gegen 19 Uhr des Vorabends habe die S-Bahn - wenn auch mit Verspätung - die Strecke zwischen Haar und Zorneding aber wieder befahren können.

Für die Pendler am ärgerlichsten war allerdings, dass es der Bahn nicht gelungen ist, den schon in den Zügen angekündigten Schienenersatzverkehr zu organisieren. Stundenlang musste an den Bahnhöfen ausharren, wer keine Freunde und Verwandte anrufen konnte und sich auch kein Taxi auf Privatkosten leisten wollte. Der Bahnsprecher räumt ein, dass es lediglich einen Bus gegeben habe, der zwischen Haar und Zorneding gependelt ist. Seine Fahrten habe dieser erst eine Stunde nach Unterbrechung der Bahnlinie gegen 17.25 Uhr aufnehmen können. "Natürlich haben wir umgehend mehrere Busunternehmer angerufen", sagt der Bahnsprecher. Aber nicht jeder habe gerade einen freien Bus auf dem Hof stehen und den passenden Fahrer gleich daneben. Von 18.20 Uhr an seien deshalb zusätzlich zwölf Taxen eingesetzt worden, weitere zehn Minuten später habe die Anzahl auf 18 Taxen erhöht werden können. Jeden mitgenommen hätten diese nach Beobachtungen Breunigs aber nicht. So seien Eltern mit kleinen Kindern abgewiesen worden, weil diese keinen Kindersitz dabei gehabt hätten.

© SZ vom 18.07.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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