Bahn wälzt Verantwortung ab:Dringendes Bedürfnis

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Fahrgäste suchen an fast allen Haltestationen vergeblich nach einer öffentlichen Toilette.

Karin Kampwerth

Die Zornedinger wünschen sich für ihren Bahnhof einen Kiosk mit Fahrkartenverkauf - und ganz dringend ein WC. Das kam Ende Juli bei einem Gespräch mit dem SPD-Bundestagsabgeordneten Ewald Schurer heraus, der auf seiner S-Bahn-Sommertour auch den Zornedinger Bahnhof besucht hatte. Dort war 2008 das Empfangsgebäude abgerissen worden. 2010 dann folgte der Kiosk. Seitdem gibt es einen Bauzaun, einen Bretterverschlag in die Unterführung, Parkplätze. Sonst nichts. Wer ein dringendes Bedürfnis hat, muss sich in die Böschung vor den Parkplätzen schlagen - oder die Arbeiter von der Baustelle gegenüber bitten, deren Dixie-Klohäuschen benutzen zu dürfen. Das wollen die wenigsten.

"Wir haben ein großes Vandalismus-Problem", begründet der Leiter des Münchner Bahnhofsmanagements, Heiko Hamann, die Zurückhaltung beim Bau von Toiletten. Bei seinem Besuch in Schurers Bürgerbüro am Montag machte Hamann aber auch deutlich: "Das Betreiben von Toiletten auf Bahnhöfen ist Aufgabe der Kommunen." Das regele sogar ein eigener Paragraf in der Gemeindeordnung. Aber: "Ab einer gewissen Frequenz sehen wir das als Service an." Auch andernorts lehne sich die Bahn nicht zurück. Überall dort, wo eine Kommune bereit sei, am Bahnhof ein WC zu betreiben, stelle das Unternehmen den Grund und übernehme teilweise auch die Kosten für Wasser und Strom.

Das nützt Kirchseeoner Pendlern wenig. Sie konnten sich zwar von 1999 an über das modernste öffentliche Bahnhofs-WC im Landkreis mit selbstöffnenden Türen, Reinigungsfunktion und einer Begrüßung durch eine Computerstimme freuen. 2010 aber legte die Gemeinde das Örtchen still, weil Kirchseeon 50 000 Euro jährlich für den Betrieb der Anlage zuschießen musste. Zu teuer, entschied der Gemeinderat seinerzeit. Für 2014 hat die Verwaltung wieder Geld in den Haushalt eingestellt, um jenen Erleichterung zu verschaffen, denen es pressiert.

Am Geld ist auch in Markt Schwaben eine Toilette am Bahnhof gescheitert. Sehr zum Ärger der Pendler, zumal hier Fernzüge aus Richtung Mühldorf halten und viele in die S-Bahn umsteigen. Allein: Die Gemeinde ist finanziell derzeit nicht flüssig, um ein bereits fertig geplantes Klohäuschen zu bauen. Dass Bahnhofsmanager Heiko Hamann hingegen erfreulich findet, dass es wenigstens am Ebersberger Bahnhof wieder eine Toilette gibt - wenn auch nur zu den Öffnungszeiten des Kiosks - nutzt den Pendlern andernorts im Landkreis freilich wenig. Immerhin aber soll es im Zuge des irgendwann endgültigen barrierefreien Ausbaus auch eine Behinderten-Toilette geben. Dafür stehe die Bahn mit Bürgermeister Walter Brilmeyer (CSU) in Kontakt. Der Bundestagsabgeordnete Schurer stellt sich deshalb darauf ein, dass er in den nächsten Tagen wieder einige "derbe Begriffe" um die Ohren gehauen bekommt, wenn er seine S-Bahn-Aktion im Landkreis Erding fortsetzt. Denn auch mal einem die Meinung sagen, bleibt vielen Pendlern wohl noch länger ein dringendes Bedürfnis.

© SZ vom 19.09.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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