Der Fall "Mord ohne Leiche":Ein Geständnis mit Fragezeichen

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Der Angeklagte im Fall um den getöteten Konditor Konrad Hahn hat seine Tat geschildert - und bezeichnet sie als eine Art Notwehr.

Stephan Handel

Die Geschichte ist fast ein wenig zu perfekt: Bei seinem Geständnis im Prozess um den "Mord ohne Leiche" lieferte der Angeklagte gestern exakt jene Version des Tathergangs, die ihn vor einer Verurteilung wegen Mordes bewahren könnte - sofern das Gericht ihm glaubt.

Jörg N. ist angeklagt, im Januar des vergangenen Jahres den Konditor Konrad Hahn in dessen Haus in Trudering getötet zu haben. Die Leiche wurde nicht gefunden. Fünf Verhandlungstage lang hatte Jörg N. geschwiegen. Nun schilderte er doch, was sich in der Nacht des 3. Januars 2005 zugetragen haben soll.

Der Staatsanwalt wirft ihm vor, Konrad Hahn im Schlaf überrascht und getötet zu haben. Jörg N . hingegen stellt die Sache völlig anders dar: Demnach habe er wieder einmal bei dem pensionierten Konditor übernachtet - das kam öfter vor, wenn der Messebauer beruflich in München zu tun hatte.

Am Abend des 3.Januars habe er, als er nach Hause kam, Konrad Hahn in der Garage angetroffen. Dort sah er ein Metall-Werkzeug, einen so genannten Kuhfuß, den er für die Arbeit brauchen konnte. Deshalb bat er seinen Gastgeber, ihn ausleihen zu dürfen. Danach seien beide ins Haus gegangen.

Angeblicher Auslöser: ein altes Telefon

Jörg N., so seine Schilderung, wollte schlafen und stieg die Treppe in den ersten Stock hinauf. Dort sah er, dass in Konrad Hahns Arbeitszimmer noch Licht brannte. Er entdeckte ein altes Telefon, das ihn interessierte - deshalb betrat er das Zimmer.

Als er wieder herauskam, sei Hahn wütend vor ihm gestanden und habe ihn angeschrien, was er in dem Zimmer zu suchen habe. Dann sei der Rentner auf ihn losgegangen und habe ihn gewürgt. Reflexhaft habe er, Jörg N., hinter sich gegriffen und den Kuhfuß zu fassen bekommen.

Um sich aus dem Würgegriff zu befreien, habe er drei Mal mit dem Metallstück auf den Kontrahenten eingeschlagen. Konrad Hahn sei zusammengesackt, Mund lief aus Ohr und Mund. N.: "Für mich war klar, dass er tot war."

Die folgenden Stunden schildert Jörg N. als zielloses Umhertreiben in der Stadt, in dem Haus, Herumfahren mit seinem Auto. Schließlich habe er eine Plane und Klebeband gekauft, habe den Toten darin eingewickelt, ihn ins Auto geschafft, alles gesäubert.

Ein fehlendes Telefonkabel, von dem der Staatsanwalt annahm, mit ihm sei Konrad Hahn erdrosselt worden, habe er verwendet, um dem Toten die Beine nach hinten zu binden, "damit der Körper kürzer wird". Dann will er nach Österreich gefahren sein, am nächsten Tag weiter nach Italien. An einem Strand bei Triest habe er sein Opfer im Sand vergraben.

Eine perfekte Geschichte

Die Arbeit von Polizei und Staatsanwaltschaft konzentriert sich nun zunächst auf die Suche nach der Leiche. Genauere Angaben darüber, wo sie vergraben sei, wurden in der öffentlichen Verhandlung nicht gemacht - um "Leichen-Tourismus" zu vermeiden, wie Staatsanwalt Martin Kronester sagte.

Der offizielle Weg geht über ein Rechtshilfeersuchen nach Italien, "sobald wir das Ja haben, fahren wir los", so Kronester. Die Obduktion, so hoffen, die Verfahrensbeteiligten, wird Klarheit bringen, ob Jörg N.s Version des Tathergangs möglich oder wahrscheinlich ist: Sollten wirklich Schädelfrakturen festgestellt werden, die von einem metallischen Gegenstand stammen könnten, sollten keine weiteren Verletzungen zu entdecken sein, dann dürfte es schwer werden, ein anderes Tatgeschehen zu beweisen. Dazu war Jörg N.s Geschichte fast ein wenig zu perfekt.

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