Bundesverwaltungsgericht:Dämpfer für Aldi & Co.

Lesezeit: 2 min

Das Bundesverwaltungsgericht hat ein Grundsatzurteil gefällt: Die Stadt München darf die Expansion von Discountern untersagen, um Stadtteilzentren zu schützen.

A. Dürr und O. Fritscher

Hat ein Lebensmittel-Discounter, wie zum Beispiel Aldi, schädliche Auswirkungen auf die Geschäfte in kleinen Stadtteilzentren? Über diese Frage hat das Bundesverwaltungsgericht (BVG) in Leipzig am gestrigen Donnerstag verhandelt und festgestellt: Ja, Aldi und Co. schaden der "verbrauchernahen Grundversorgung" in den Stadtteilzentren. Diese müsse vor "schädlichen Auswirkungen durch Einzelhandel außerhalb dieser Bereiche" geschützt werden. Das BVG verwies den Rechtsstreit zurück an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof.

Dieser weltweit kleinste Aldi in Aubing soll durch einen größeren Laden in der Nähe ersetzt werden. (Foto: Foto: Rumpf)

Obwohl noch kein endgültiges Urteil gesprochen wurde, jubelte Cornelius Mager, der Chef der Münchner Baugenehmigungsbehörde. Das sei ein großer Erfolg für die bestehenden Nahversorgungskonzepte der Städte, sagte er der Süddeutschen Zeitung. Der Schutz der Geschäfte in den gut erreichbaren Stadtteilzentren komme vor allem Bürgern ohne Auto zugute.

In der Verhandlung in Leipzig war es auch um einen geplanten Plus-Markt in Köln gegangen, dem die Stadt keine Baugenehmigung erteilte - zurecht, meinte das BVG. Das habe bundesweite Signalwirkung, sagte der Anwalt der Stadt München, Christoph Brandenburg von der Kanzlei Taylor Wessing. Hätten Köln und München in Leipzig verloren, wären schwerwiegende Folgen für viele Stadtteilzentren zu befürchten gewesen.

Im konkreten Münchner Fall streiten Aldi und München seit mehr als fünf Jahren um eine geplante Filiale an der Kronwinkler Straße in Aubing. Diese soll den weltweit kleinsten Aldi-Markt an der nahen Wiesentfelser Straße ersetzen. Die Stadt sagt kategorisch nein, weil sie befürchtet, dass der neue Laden Kaufkraft aus dem Ortszentrum Aubing abzieht. Eine Baugenehmigung für die Kronwinkler Straße wurde deswegen versagt.

Eine bemerkenswerte juristische Auseinandersetzung nahm ihren Anfang. Zunächst gewann die Stadt vor dem Verwaltungsgericht München. Doch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) kassierte das Urteil und verneinte, dass schädliche Auswirkungen durch den neuen Markt auf das Ortszentrum zu erwarten seien.

Die Baugenehmigung müsse erteilt werden. Die Angelegenheit landete schließlich vor dem Bundesverwaltungsgericht, das im Tenor der Stadt recht gab und den Rechtsstreit nun zur erneuten Würdigung an den VGH verwies.

"Von einer Niederlage kann man nicht sprechen, der Fall ist wieder offen", kommentierte Mark Butt den Urteilsspruch. Der Anwalt aus der Münchner Kanzlei GSK Stockmann und Kollegen vertritt die Interessen von Aldi. "Wir sind genau so schlau wie vorher", sagte er kurz nach der Verhandlung zur SZ.

Klar sei aber die Auffassung des Gerichts, dass man das Landesentwicklungsprogramm nicht als Kriterium heranziehen könne. Butt gibt sich überzeugt, dass "wir den Standort letztendlich durchsetzen können". Für den Anwalt von Aldi ist klar, dass man im Münchner Westen einen neuen Standort braucht. Der zu kleine Aldi-Markt mit einer Verkaufsfläche von nur 320 Quadratmetern an der Wiesentfelser Straße werde "so oder so geschlossen". Auf jeden Fall komme es nun zu Verzögerungen. "Wir verlieren einen Haufen Zeit, vielleicht ein halbes, vielleicht ein ganzes Jahr", klagt der Fachanwalt für öffentliches Recht. Die Urteilsbegründung werde vermutlich erst im Januar vorliegen.

Der Streit um den Aldi-Markt in Aubing ist nicht der einzige: Bislang wurde um ein halbes Dutzend Standorte prozessiert. Aldi betreibt in München rund 30 Märkte, sieht aber Bedarf für nochmals mindestens ein Dutzend. "Man fragt sich schon, warum wir diesen steinigen Weg gehen müssen", sagt Michael Klöter, der für die Filialentwicklung des Discounters in München zuständig ist, zur SZ. Dieser Weg ist noch nicht zu Ende.

© SZ vom 18.12.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: