Bundespolizist unter Kinderporno-Verdacht:Verdonnert zum Schreibtischdienst

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Ein Bundespolizist war in den Verdacht geraten, sich illegal Kinderpornografie verschafft zu haben - in seinen Augen zu Unrecht. Nun fordert er Schadenersatz, weil er sich von seinen Vorgesetzten ungerecht behandelt fühlt.

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Ein Münchner Polizist fühlt sich von seinen eigenen Kollegen zu Unrecht verdächtigt und verfolgt. Deshalb hat er die Bundesrepublik als Dienstherrn vor dem Landgericht München I verklagt. Der damals am Münchner Flughafen eingesetzte Obermeister der Bundespolizei war in den Verdacht geraten, sich Kinderpornografie verschafft zu haben. Wegen der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen hatten seine Vorgesetzten deshalb auch ein Disziplinarverfahren gegen ihn eröffnet und ihm die Dienstwaffe abgenommen. Jetzt wirft der Beamte seinen Chefs vor, diesen für ihn ehrenrührigen Zustand länger als notwendig aufrecht erhalten zu haben - zum Ausgleich verlangt er mindestens 2500 Euro Schmerzensgeld.

Hat er oder hat er nicht? Diese Frage lässt sich juristisch nicht mehr sauber klären. Deshalb hat die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen gegen den Beamten bereits im August 2008 eingestellt - doch seine Dienstvorgesetzten schlossen die Disziplinarakte erst knapp drei Monate später. Aus Sicht des Polizeiobermeisters war das eine unnötige Verlängerung des für ihn demütigen Zustandes, ohne Dienstwaffe zum Schreibdienst verdonnert zu sein.

Zweifellos sind über das Kreditkartenkonto des Polizisten Kinderpornos bezahlt und von einer illegalen Internetseite geladen worden. Der Beamte erklärt das so: In England habe sich ein Mann mit russischer Herkunft auf unbekanntem Wege 6000 Kreditkartendaten von Kunden der damaligen Citybank beschafft - darunter eben auch die des Münchner Polizisten. Dieser Täter habe vermutlich selbst ein Portal für Kinderpornos eröffnet und dann mit allen 6000 Karten solche Fotos bezahlt. Der Mann sei später von Scotland Yard in einem Londoner Internetcafé geschnappt worden. Die Citybank habe den Datendiebstahl später eingeräumt und den Betroffenen, darunter auch dem Münchner, die Abbuchungen erstattet.

Als auf seinem privaten Computer auf einer gelöschten Festplatte verdächtige Bildfragmente wieder sichtbar gemacht werden konnten, erklärte der Beamte: Beim Surfen seien eines Tages ohne sein Zutun Kinderpornoseiten "aufgepoppt". Er habe solch eine als Beweismittel kopiert, das Bundeskriminalamt darüber informiert - und dann umgehend alles gelöscht.

Erst Jahre später waren Kinderporno-Ermittler im Rahmen einer Großrazzia auf die Kreditkartendaten des Münchner Polizisten aufmerksam geworden. Ganz klar wäre zu diesem Zeitpunkt die Beschaffung von Kinderpornos - sollte sie denn tatsächlich stattgefunden haben - als Straftat bereits verjährt gewesen. Und es ist juristisch nicht einfach zu beantworten, ob uralte Bilder in einem digitalen "Papierkorb", der nur noch mit spezieller Software auf einer gelöschten Festplatte wieder sichtbar gemacht werden kann, noch als verbotener "Besitz" von Kinderpornos gewertet werden könnte.

Zumal der Polizist heute sagt, dass es sich - sollten Fragmente solcher Bilder tatsächlich entdeckt worden sein, was derzeit aus den Gerichtsakten aber nicht eindeutig hervorgeht- nur um die Überreste der seinerzeit von ihm an des BKA gemeldeten Seite handeln könnte.

Die Amtshaftungskammer am Landgericht will Ende Januar ein Urteil verkünden.

© SZ vom 13.12.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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