Bürgerentscheid:Der Triumph des alten Kämpfers

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Bis zum Ende bleibt die Auszählung spannend, dann siegen Georg Kronawitter und seine Mitstreiter.

Von Berthold Neff

Das Rennen zwischen den Gegnern und den Befürwortern der Hochhäuser war von Anfang an spannend.

Alt und Neu: Der Blick aufs Münchner Siegestor. (Foto: Foto: dpa)

Auf den Monitoren im Kreisverwaltungsreferat lagen die Bürgerentscheid-Initiatoren um Georg Kronawitter und den SPD-Landtagsabgeordneten Ludwig Wörner zunächst im Hintertreffen, aber die Distanz zu den Hochhaus-Befürwortern rund um OB Christian Ude, die zu einem "Nein" aufgerufen hatten, betrug höchstens zwei Prozentpunkte.

Gut eine Stunde nach dem Schließen der Wahllokale kippte dann das Ergebnis, die Hochhaus-Gegner gingen mit 50,5 zu 49,5 Prozent der Stimmen in Führung und gaben diese bis zum Schluss nicht mehr ab.

Vereinzelte Bravo-Rufe

Als um 19.37 Uhr der Sieg von Kronawitter und seinen Mitstreitern feststand, erklangen vereinzelte Bravo-Rufe. Der Alt-Oberbürgermeister dankte allen Münchnerinnen und Münchnern, "dass sie Anteil genommen haben an ihrer Stadt und sich auch vom großen Geld nicht haben beeinflussen lassen".

Er nannte den Erfolg einen "Sieg für München" und fügte hinzu: "Viele werden jetzt ein bisschen nachdenken müssen - auch mein Wunschnachfolger." Damit meinte der 76 Jahre alte Kronawitter Christian Ude, dem er 1993 durch vorzeitigen Rückzug vom OB-Amt zur Chefposition im Rathaus verholfen hatte.

Kronawitter zeigte sich erfreut, dass es gelungen sei, die bis zu 148 Meter hohen Türme im Osten (Zentrale des Süddeutschen Verlags) und im Süden (Siemens-Areal) zu stoppen. "München wäre ansonsten nicht mehr wiederzuerkennen gewesen", sagte der Alt-OB und bedauerte erneut, dass im Westen leider schon "einer dieser Vierkantbolzen steht".

Klarer Sieg bei der Briefwahl

Zu Beginn des Abends, als seine Initiative mit den Ja-Stimmen noch knapp im Hintertreffen lag, hatte Kronawitter bereits als einen seiner Erfolge gewertet, dass es gelungen sei, die geplanten Hochhäuser am Birketweg in der Höhe deutlich zu reduzieren, so dass sie die Sichtachsen vom Nymphenburger Schloss aus weniger störten.

Als sich bei der Auszählung der Briefwahlstimmen andeutete, dass die Hochhaus-Gegner dort haushoch (mit bis zu 66 Prozent) führten, wetterte Kronawitter erneut gegen die Presse und die Anzeigenkampagne der Hochhaus-Befürworter: "Diese Materialschlacht hat's entschieden."

Er sagte, seine "Mini-Truppe" habe für die gesamte Kampagne lediglich 6000 Euro ausgegeben. Kronawitter beklagte, er sei in Teilen der Presse "behandelt worden wie der letzte Dreck". Selbst er habe mitunter daran gezweifelt, "ob wir es noch schaffen können, wenn diese ganze Angstmacherei kommt und das ganze viele Geld für Anzeigen ausgegeben wird".

"Die können sich jetzt irgendwohin beißen"

Die Münchner hätten aber gezeigt, dass sie sich nicht hinters Licht führen ließen. Der SPD-Landtagsabgeordnete Ludwig Wörner sagte im Hinblick auf die Anzeigen, die unter anderem mit dem Porträt von Christian Ude erschienen waren: "Die Leute, die ihr Geld verbrannt haben, können sich jetzt irgendwohin beißen."

Für die Grünen war Fraktionschef Siegfried Benker im Kreisverwaltungsreferat erschienen. Zu Beginn, als die Initiative noch zurücklag, sprach er von deren "Achtungserfolg", als sich das Blatt aber wendete, konstatierte er: "Die großen Vereinfacher haben gewonnen." Sie hätten es geschafft, "die Münchner emotional anzusprechen".

Man werde neu planen und die bereits bewilligten Baumassen anders verteilen müssen. Dies werde ebenfalls das Gesicht der Stadt verändern: "Nun wird es weniger Grün für die Menschen geben."

© SZ vom 22.11.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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