Boykott von Nokia:Rote Karte für die Finnen

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Der Boykott gegen Nokia nach der Entscheidung, das Werk in Bochum trotz eingefahrener Gewinne zu schließen, erreicht auch München.

Nicole Fenneker

Seehofer ist dabei, Struck natürlich, Beck sowieso - und auch die Münchner sind's: "Täglich sagen mir Kunden, dass Nokia für sie nicht in Frage kommt", sagt Kay Redlich. Der Filialleiter vom Phone House an der Sendlinger Straße berichtet: Der Boykott gegen Nokia nach der Entscheidung, das Werk in Bochum trotz eingefahrener Gewinne zu schließen, erreicht auch München.

(Foto: Foto: AP)

"Etwa ein Drittel der Kunden kommt herein und sagt: ,Ich möchte ein Handy, aber kein Nokia'", erzählt auch Gunthard Reiss, Inhaber von Mobil World. Letztendlich verkaufe er derzeit etwa ein Viertel weniger Nokia-Handys als früher. Die Kunden seien verärgert, dass der finnische Konzern erst Subventionen eingestrichen und das Werk dann aufgegeben habe.

Auch im Dug/Debitel-Shop am Stachus hat Mitarbeiter Tobias Maier Kunden erlebt, die auf keinen Fall ein Nokia-Handy kaufen wollen - allerdings seit der Bekanntgabe der Entscheidung am 15. Januar höchstens zehn, schätzt er. Zwar setzt er selbst weiter auf Nokia. Die Kunden, die Nokia partout ablehnen, versuche er aber nicht von der Qualität der Handys zu überzeugen.

Vielen Kunden sei es "völlig egal", dass Nokia sein Bochumer Werk schließe. Diese Kunden seien mit dem Finnen-Produkt ganz einfach zufrieden. Weitaus deutlicher ist man im Phone House an der Sendlinger Straße vom Boykott betroffen. Kay Redlich schätzt gar, dass er derzeit zwei Drittel weniger Nokia-Handys verkauft als zuvor. Der Einkauf werde entsprechend reduziert. "Es wird klar Partei ergriffen", sagt er.

"Wir merken das extrem", sagt auch Claudia Wagner über den Nokia-Boykott. Viele Kunden im Vodafone-Shop an der Sendlinger Straße hätten klare Vorstellungen und sagten: "Nokia auf keinen Fall". Im Dug/Debitel-Shop auf der Sendlinger Straße fragen Kunden Mitarbeiter Dominik Schwarz auch schon einmal um Rat in Sachen Nokia-Boykott.

"Ich antworte dann: Man soll bei dem Handy bleiben, mit dem man die besten Erfahrungen gemacht hat." Dass Kunden kategorisch den Kauf eines Nokia-Produkts ablehnen, hat er nicht beobachtet. Auch die meisten von Deniz Mavis Kunden legten mehr Wert auf Informationen, wie ihr Handy zu bedienen sei, erklärt der Inhaber des Mavi Nokia Shops.

Einen Boykott wie gegen Nokia habe es im Fall Siemens/BenQ nicht gegeben, berichten die Händler unisono. Siemens hatte seine Handysparte an jene taiwanesische Firma verkauft, die kurz darauf Insolvenz anmeldete. Tausende Arbeitsplätze in Deutschland gingen verloren. "Da war der Ärger größer auf Händler-Seite", berichtet Gunthard Reiss von Mobil World.

Denn nach der BenQ-Pleite hätten die Händler den Kundenservice abwickeln müssen. Siemens-Handys liegen inzwischen nur noch vereinzelt in den Regalen. "Ich glaube, der Boykott wird noch ein wenig weitergehen", sagt Reiss, "wenn das Thema dann nicht mehr so in der Öffentlichkeit ist, wird es allerdings verblassen". Doch langfristig, glaubt der Händler, werde Nokia durchaus einen Imageschaden erleiden.

© SZ vom 01.02.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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