Böhringer-Prozess geht weiter:Panne bei Ermittlungen

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Das Schwurgericht lehnt eine Aussetzung des Verfahrens ab. Der Haftbefehl gegen Benedikt T. wird nicht aufgehoben.

Alexander Krug

Der Prozess um den Mord an Charlotte Böhringer wird fortgesetzt. Das Schwurgericht lehnte am Dienstag den Antrag der Verteidigung ab, das Verfahren auszusetzen.

Die Richter räumten den Anwälten Stefan Mittelbach und Peter Witting aber eine weitere Woche zur Prüfung neuer Ermittlungsergebnisse ein. Dabei geht es auch um Handy-Telefonate, die Böhringer vor ihrem Tod geführt hat.

Einige Daten waren durch eine Computer-Panne der Polizei irrtümlich den falschen Personen zugeordnet worden. Inzwischen sind diese Gesprächspartner aber in der Schweiz ermittelt worden.

Die Anwälte des wegen Mordes an Böhringer angeklagten Benedikt T., 32, hatten die Aussetzung des Prozesses gefordert mit dem Hinweis, dass es ,,nahezu täglich'' neue Erkenntnisse gebe. Eine sinnvolle Verteidigung sei so nicht gewährleistet.

Das Gericht wies den Antrag zurück, da eine ,,veränderte Sachlage'' nicht zu erkennen sei und deshalb eine Unterbrechung bis zum 21. Mai ausreiche. Die Kammer berief sich dabei auf ihren Ermessensspielraum, den die Strafprozessordnung vorsieht. Fest stehe bislang nur, so Richter Manfred Götzl, dass es zwei identische DNS-Spuren aus Böhringers Wohnung und dem (bis heute ungeklärten) Mordfall Ursula Herrmann gebe.

Das zehnjährige Mädchen war 1981 entführt worden und in einer vergrabenen Holzkiste erstickt.Die neue Spurenlage werde in der Hauptverhandlung zu erörtern sein, so Götzl. Dazu würden die entsprechenden Beamten vorgeladen.

Das Gericht kündigte zum 21. Mai auch die Vorladung der Gesellschafts-kolumnistin der Münchner Abendzeitung an. Diese hatte in einem Artikel vom 4.Mai dieses Jahres von einem ,,letzten geheimnisvollen Treffen'' der ,,Parkhaus-Lady'' (gemeint ist Böhringer, die in einer Wohnung über ihrem Parkhaus lebte) vor ihrem Tod mit einem ,,großen Unbekannten''geschrieben.

,,Mehrere Zeugen'' hätten ,,abends im Parkhaus einen Unbekannten'' gesehen, der ,,schnell verschwunden'' war. Der Text war garniert mit dem symbolischen Foto eines Kapuzenmannes, der drohend ein Messer schwingt. Dieser ,,Mister X'', spekulierte die AZ mit Verweis auf ,,Vertraute'' Böhringers, sei möglicher-weise ein ,,heimlicher Liebhaber'' aus der Schweiz gewesen.

Tatsächlich gibt es in der Schweiz einen Chirurgen, dessen Name den Ermittlern bekannt ist und der bereits vernommen wurde. Der verheiratete Mann hatte ein Verhältnis mit Böhringer, das nach seinen Angaben vor ,,drei bis vier Jahren'' beendet wurde.

Er soll allerdings noch mit Böhringer kurz vor deren Tod telefoniert haben. Der Arzt hat sich bereit erklärt, eine Speichelprobe abzugeben. Auf seinen Namen und die zweier weiterer Schweizer stießen die Ermittler bei Überprüfung von Böhringers Handy-Verbindungen.

Dabei hatte es zunächst eine Panne gegeben: Weil der Computer die Vorwahl der Schweiz nicht erkannte, spuckte er die Namen dreier anderer Personen aus. Der Fehler wurde erst jetzt bemerkt.

Die sei ,,symptomatisch'' für die Ermittlungen, kritisieren die Anwälte. Über die von ihnen beantragte Aufhebung des Haftbefehls ist noch nicht entschieden.

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