"Bio-Campus":Auch Gesundes schmeckt

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Schokolade, Hamburger, Pommes: Die Essgewohnheiten deutscher Kinder sind oft alles andere als gesund. Das wollen die Macher des Tollwood-Festivals ändern.

Andreas Schubert

Schokolade, Hamburger, Pommes: Die Essgewohnheiten deutscher Kinder sind oft alles andere als gesund. Die Qualität der Lebensmittel und ökologische Erwägungen spielen in vielen Familien bei der Ernährung kaum eine Rolle. Das wollen die Macher des Tollwood-Festivals ändern. Bereits seit seiner Gründung im Jahr 1988 setzt sich das Festival für eine ökologisch einwandfreie Ernährung ein. Inzwischen hat das Prädikat "Bio" längst den Ruch des alternativen Körnerfutters verloren. Viele Gourmet-Köche setzen schon etwas länger auf Biozutaten, sogar Lebensmitteldiscounter haben heute Bioprodukte im Angebot.

Nun unternimmt Tollwood einen weiteren Schritt, um gesunde Ernährung populär zu machen. Gemeinsam mit dem Gesundheitsreferat der Stadt hat Tollwood im Mai das Projekt "Bio für Kinder" gestartet (SZ berichtete).

In dessen Rahmen steigt am Sonntag, 18. Juni, auf dem Festivalgelände der "Bio-Campus", ein Info- und Erlebnistag für Kinder und Eltern. Die Idee dahinter: Da bereits in frühen Jahren die Weichen für das künftige Ernährungsverhalten gestellt werden, sollen Kinder ein Bewusstsein für Gesundes entwickeln - etwa mit Hilfe der Geschmacksnerven. Auf dem "Bio-Campus" zeigt Star-Küchenchef Otto Koch bei einem Workshop von 12.30 bis 15 Uhr, was sich aus Bio-Zutaten Leckeres zaubern lässt.

Von 11 bis 14 Uhr gibt es für 15 Euro einen "Bio-Brunch" mit Livemusik (Karten unter Telefon 0700/38 38 50 24 oder an der Festivalkasse). Am Ausstellungs-Truck "bio food project" des "Bundesprogramms Ökologische Landwirtschaft" lernen Stadtkinder von 11 bis 21 Uhr, dass Kühe durchaus nicht lila sind. Ihnen soll das Interesse für Umwelt, Tiere und eine nachhaltige Landwirtschaft vermittelt werden.

Unter dem Motto "Bio bewegt" steigt von 11 bis 19 Uhr eine "Kinderolympiade". Weiter erklären Experten von Bund Naturschutz, Greenpeace, Bioland, dem Umweltinstitut München und vom Bundesernährungsministerium von 11 bis 21 Uhr, was es mit dem Biologischen Anbau und Umweltschutz überhaupt auf sich hat.

"Uns geht es um eine Bewusstseinsänderung", erklärt Tollwood-Sprecherin Bianca Schmitz. Sie ist überzeugt, dass Kinder noch leicht für Biokost zu gewinnen seien. Doch während mehr und mehr Jungen und Mädchen außer Haus verköstigt werden, ist Bio in vielen Betreuungseinrichtungen noch immer ein Fremdwort. Derzeit werden nur die städtischen Kinderkrippen größtenteils mit Biolebensmitteln versorgt.

"Unser Ziel ist es, die städtischen Kindergärten und Schulen innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahre auf Biokost umzustellen", sagt Schmitz. Die Nachfrage ist nach Angaben der "Bio-für-Kinder"-Initiatoren gegeben. Sie berufen sich auf eine Umfrage unter Eltern in Münchner Kindertagesstätten, nach der bis zu zwei Drittel ihren Nachwuchs gerne biologisch ernährt sähen, es aber am Angebot mangle.

Bislang sei eine Umstellung an den höheren Kosten gescheitert, so Schmitz. Verschiedene Faktoren wie geringere Erträge, artgerechte Tierhaltung, mehr menschliche Arbeitskraft mit viel Handarbeit, Kontrollen und Qualitätssicherung und nicht zuletzt ein noch begrenzter Markt steigern den Preis für Bioprodukte. Pro Kind und Mahlzeit kostet Bioverpflegung nach Angaben von "Bio für Kinder" am Tag einen Euro mehr.

Bis jetzt haben neun Sponsoren, darunter auch die Stadtsparkasse München, Patenschaften für das Tollwood-Projekt übernommen und insgesamt 200.000 Euro für die nächsten zwei Jahre zur Verfügung gestellt. Das Geld dient als Anschubfinanzierung zur Umstellung auf biologisch erzeugte Verpflegung. "Danach sollen die Einrichtungen selbst in der Lage sein, Biokost anzubieten", sagt Schmitz. So wollen die Initiatoren auch aufzeigen, wie sich Gesundes auch preisgünstiger anbieten lässt. "Das geht etwa dann, wenn man auf saisonale Produkte zurückgreift", erklärt die Tollwood-Sprecherin. "Auch über die Portionsgrößen könnte man nachdenken, ohne dass jemand hungern muss."

Weiter könne man bei regelmäßigen Einkäufen günstigere Lieferbedingungen beim Händler herausschlagen. Wie das geht, will den Betreuungseinrichtungen die "Münchner Aktionswerkstatt G'sundheit" erklären. Geht es nach den Initiatoren, soll "Bio für Kinder" bundesweit Schule machen. Doch zunächst steht in der Landeshauptstadt viel Überzeugungsarbeit an.

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