Bildungschancen:Stadt will Migrantenkindern den Bildungsweg erleichtern

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Immer weniger Türken besuchen ein Gymnasium - die Stadt München will nun Eltern besser über das Schulsystem informieren.

Christian Rost

Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund sollen in München bessere Bildungsaussichten bekommen. "Mit finanziellem und personellem Engagement" müsse der Anteil dieser Schüler an den weiterführenden Schulen erhöht werden, kündigte Bürgermeisterin Christine Strobl am Dienstag an.

Ausländische Familien sollen besser über bestehende Bildungs-Möglichkeiten informiert werden (Foto: Foto: dpa)

Dabei geht es um Sprachkurse an den Schulen und eine intensivere Aufklärungsarbeit bei den Eltern. Vor allem an den 14städtischen Gymnasien sind Schüler ohne deutschen Pass mit einem Anteil von zehn Prozent bislang deutlich unterrepräsentiert. In den Hauptschulen macht ihr Anteil unterdessen fast die Hälfte aus.

Strobl reagiert auf die Ergebnisse des ersten Münchner Bildungsberichts, der jetzt vorliegt und den Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg verdeutlicht. So besuchen in Stadtteilen, in denen der Bildungsgrad und die Einkommenssituation bei den Eltern niedriger als im Durchschnitt ist, auch weniger Kinder weiterführende Schulen.

Der Zahl der Übertritte auf Realschule oder Gymnasium ist noch deutlich geringer, wenn es sich um Kinder aus ausländischen Familien handelt. In diesen Fällen sei "die soziale Spreizung besonders groß", sagte Strobl. Der Bildungsbericht bestätigt zwar nur, was Schulleiter schon lange wissen.

Bedenkliche Entwicklung

Er zeigt aber, ganz München betrachtet, eine bedenkliche Entwicklung auf: Aktuell nimmt die Zahl türkischer Jugendlicher in weiterführenden Schulen noch weiter ab. Schon im Interesse "des sozialen Friedens und des wirtschaftlichen Interesses der Stadt" müssten die Chancen für Migrantenkinder verbessert werden, betonte auch Stadtschulrätin Elisabeth Weiß-Söllner.

Bestehende Fördermaßnahmen wie Deutschkurse in kleinen Gruppen, die es zum Beispiel am Lion-Feuchtwanger-Gymnasium gibt, sollen ausgebaut werden. Die Voraussetzungen dafür hat die Stadt nach eigenen Angaben bereits geschaffen: Im Zuge des Bildungsprogramms "Münchner Weg" sind seit 2002 an den städtischen Realschulen 40 und an den Gymnasien 50 zusätzliche Lehrer eingestellt worden.

Im Gegensatz zu den staatlichen Hauptschulen, and denen zurzeit ein eklatanter Lehrermangel herrscht, sind die städtischen Einrichtungen damit personell gut ausgestattet. Die zusätzlichen Kosten für Ganztagsbetreuung, Intensivierungs- und Skillstunden für effektivere Lerntechniken belaufen sich auf rund 5,5 Millionen Euro.

Mangelndes Wissen über das Schulwesen

Mit der schulischen Förderung ist es allerdings nicht getan. Denn viele ausländischen Eltern sind offenbar nicht ausreichend über das Schulwesen informiert. "Die Stadt gibt zwar mehrsprachige Informationsschriften heraus, die Eltern wissen aber dennoch nicht, dass Übertrittszeugnisse beantragt werden müssen", berichtet Weiß-Söllner. Manche Eltern gingen sogar davon aus, dass die Kinder auch nach der Hauptschule studieren könnten.

"In der Türkei ist die Einbindung der Eltern in den Schulbetrieb eben nicht vorgesehen", sieht sie als einen Grund für das Informationsdefizit. "Um hier helfen zu können, ist auch von uns eine kulturelle Öffnung gefordert."

© SZ vom 27.09.06 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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