Betrügerbande:Abzocke mit angeblicher Erbschaft

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Die Polizei warnt vor der "Nigeria-Connection". Die Betrügerbande verschickt Briefe, in denen den Empfängern große Erbschaften versprochen werden. Ein Münchner Autohändler hat so 500.000 Euro verloren.

Bernd Kastner

Er hoffte auf das große Geschäft und war bereit, dafür viel Geld zu investieren. Mehr als eine halbe Million Euro gab ein Autohändler aus dem Raum München aus, um in den Genuss einer Erbschaft zu gelangen. Man hatte ihm gut vier Millionen US-Dollar versprochen. Zu spät wurde ihm klar, dass er auf die "Nigeria-Connection" hereingefallen war. Vor dieser international agierenden Bande warnt die Polizei aus aktuellem Anlass: Erneut werden zahllose Briefe verschickt, in denen den Empfängern große Erbschaften versprochen werden. Vorher aber müsse man eine "Gebühr" entrichten - der "Lohn" der Betrüger.

Für die Polizei war der Fall des Autohändlers aus dem vergangenen Jahr ein Glücksgriff: In Berlin wurde ein Bandenmitglied, der Teile der "Gebühr" in Empfang nehmen wollte, verhaftet. Der Händler aber sah seine 500.000 Euro bis heute nicht wieder, ganz zu schweigen vom großen Reibach. "Natürlich existiert das Vermögen nicht", sagt Christian Männer vom Betrugskommissariat der Münchner Kripo. Etwa 100 Strafanzeigen seien in den vergangenen drei Jahren bei ihm eingegangen, die Dunkelziffer sei wohl noch höher. Die Polizei rät, auf keinen Fall auf solche Schreiben, die auch als Fax oder E-Mail versandt würden, zu reagieren.

Die Briefe, die derzeit in zwei Fassungen wahllos auch an Münchner verschickt würden, seien in schlechtem Englisch oder Deutsch verfasst. Als Absender ist etwa eine Anwaltskanzlei aus London genannt, die existiert, mit der Sache aber nichts zu tun hat. Die Masche: Der Absender suche Nachkommen eines Verstorbenen, der angeblich den Namen des Briefempfängers trägt, mit ihm also verwandt sei. 20 Prozent der Erbschaftssumme von mehreren Millionen Euro gehe an Hilfsorganisationen, den Rest sollten sich der Absender und der "Erbe" teilen. Um in den Genuss des Geldes zu kommen, sei es aber nötig, Gebühren zu erstatten, für Zoll oder Rechtsanwalt.

Die Polizei schätzt, dass weltweit etwa 30.000 solcher Briefe verschickt werden - pro Woche. Etwa ein Prozent der Empfänger bissen an. Und wer einmal ein paar hundert Euro ausgegeben habe, überweise noch mehr, wenn die Ganoven weitere "Gebühren" verlangen. Dabei, sagt Polizeisprecher Peter Reichl, seien die Versprechungen so, dass einem schon der gesunde Menschenverstand sagen müsse: Finger weg! "Aber die Gier der Leute ist offenbar so groß", dass es immer wieder funktioniere. Einmal sei ein Opfer sogar zur Polizei gekommen, die es aufgeklärt habe. Dennoch habe derjenige, wieder zu Hause und erneut kontaktiert von den Betrügern, noch mehr Geld überwiesen. Manche Opfer brächten sich selbst in Existenznot, so Männer. Nicht bestätigen will die Polizei die Schätzung einer holländischen Privatfirma, wonach die Nigeria Connection 2009 allein in Deutschland mehr als 500 Millionen Euro abgezockt habe.Der Name der Bande rührt daher, dass Nigerianer den Trick in den achtziger Jahren erfanden. Noch immer bestehe die Bande vorwiegend aus Schwarzafrikanern, die oft von England oder Spanien aus agierten. Dorthin sollen die "Gebühren" transferiert werden.

© SZ vom 15.02.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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