Betonboden statt Weide:Müller-Milch zeigt Tierschützerin wegen Nötigung an

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Die Firma Müller-Milch hat eine Münchnerin angezeigt, die gegen die Massenhaltung von Milchkühen protestiert hat. Die Tierschützerin hatte in einem Brief an den Milchproduzenten die Zustände geschildert, die sie bei Müller-Milch-Vertragsbauern beobachtet hatte und auf Verbesserungen für die Tiere gedrängt.

Felix Berth

Die Firma Müller-Milch reagierte darauf, indem sie gegen die Tierschützerin Anzeige wegen Nötigung erstattete.

Gabriele Lang, Vorsitzende des 500 Mitglieder starken Vereins "Tierhilfe & Verbraucherschutz", besuchte nach eigenen Angaben gemeinsam mit einer Mitstreiterin im Frühjahr 2003 mehrere bayerische Höfe in der Gegend von Weilheim, auf denen Milchkühe gehalten werden.

Die Tierschützer wählten dabei Höfe aus, deren Produkte in hiesigen Supermärkten zu kaufen sind - zum Beispiel mit den Markennamen Weihenstephan, Erlenhof und Müller-Milch.

Die Eindrücke, die die Tierschützer auf allen Höfen gewannen, beschrieben sie in Briefen an die Konzerne: Die Tiere seien auf geringem Raum angebunden und könnten sich kaum bewegen. Belüftungsanlagen fehlten, sodass die Tiere mit hohen Feuchtigkeits- und Gaskonzentrationen leben würden. Sogar trächtige Kühe müssten mit dem vorderen Körperteil auf Betonböden, mit dem Hinterteil auf Gitterrosten ohne Einstreu liegen.

"Der Verbraucher geht davon aus, dass die Kühe auf der Weide gehalten werden", schreiben die Tierschützer. "Diese jedoch stehen und liegen ein Leben lang Tag und Nacht zusammengepfercht auf derart knapp bemessenen Plätzen, sodass es ihnen oft nicht möglich ist, sich abzulegen."

Gabriele Lang und ihre Mitstreiter forderten die Firma Müller-Milch sowie andere Konzerne auf, die Missstände abzustellen. Dafür sollten sie, so der Vorschlag der Tierschützer, den Bauern Zuschüsse gewähren, um eine artgerechte Tierhaltung zu ermöglichen. Andernfalls, schrieb Gabriele Lang, würde der Verein "die Erkenntnisse an die Medien weiterleiten und die Öffentlichkeit aufklären."

Diese Aufforderung ist nach Auffassung der schwäbischen Firma Müller-Milch strafbar. Es sei ein Versuch, das Unternehmen zu Zahlungen zu nötigen: " So etwas lassen wir nicht auf uns sitzen", rechtfertigt Müller-Milch-Sprecherin Michaela Oestemer die Anzeige.

Außerdem sei der Milchkonzern nicht für die Tierhaltung verantwortlich: "Wenn die Haltung nicht artgerecht ist, ist es nicht primär unsere Aufgabe, solche Zustände zu beseitigen", so Oestemer. Kontrolle müsse in erster Linie durch die Veterinärbehörden erfolgen.

Der Anwalt von Gabriele Lang, Wolfgang Schindler, findet den Vorwurf der Nötigung "ein freches Bubenstück": Es werde versucht, Gabriele Lang "mundtot zu machen", sagt Schindler. "Diejenigen, die für millionenfache Tierquälerei verantwortlich sind, sollten sich nicht erdreisten, gegen eine Tierschützerin vorzugehen." Er will bei der Staatsanwaltschaft die Einstellung des Verfahrens beantragen. "Wenn es zu einem Gerichtsverfahren kommt, wird das noch mehr Öffentlichkeit herstellen, was dem Tierschutz nur nützen kann", so der Anwalt.

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