Band "Coconami":Modernes Isarmärchen

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"Coconami" kreuzen japanische Anmut, bayerische Tradition und ein Faible für Punkrock.

Christina Hoffmann

Ein sonorer, holpriger Husten, wie von einem Auto, das nicht anspringt, weckt jeden Morgen um Punkt sieben Uhr die Japanerin Nami, die seit mehr als fünf Jahren in München lebt. Zusammen mit ihrem Landsmann Miyaji bildet sie die Band Coconami. Exotisch wie die Herkunft der beiden Musiker mutet die Instrumentierung ihres gleichnamigen Pop-Albums an: Zwei Ukulelen tragen das Gerüst der filigranen Kompositionen, Nami stockt mit Kalimba und Tenorflöte das Instrumentarium auf.

Spaß an der exotischen Grenzüberschreitung: Die Musik von Nami und Miyaji alias "Coconami" ist ebenso eigenwillig und ungewöhnlich wie ihre Biographien. (Foto: Foto: Manuel Wagner/Trikont)

Das Repertoire umfasst Neuinterpretationen alten bayerischen Liedguts, Eigenkompositionen und Coverversionen der Punkrockband Ramones:"Hey, little girl, I wanna be your boyfriend", haucht Nami zu schlanken, leicht schleppenden Ukulelen. Aus dem ungestümen und etwas plumpen Original schälen Coconami einen zarten Kern von eleganter Melancholie. Kein Grund sich zu verstecken. Indes, auf Konzerten scheint Miyaji selbiges hinter seiner kleinen Ukulele zu versuchen.

Was ihm an Bühnenpräsenz fehlt, kompensiert er mit seiner ungewöhnlichen Vita: Miyaji gibt seinen Beruf als Elektrotechniker auf - aus Liebe zum Brot, die ihn nach Deutschland lockt. 1985 bekommt er in einer Münchner Backstube alles über die Herstellung von Brezen bis hin zum Schwarzbrot beigebracht. Die Bäckerschürze hat Miyaji aber mittlerweile an den Nagel gehängt: für die Musik. Er lernte über einen gemeinsamen Freund Nami kennen. Sie taten sich zum Duo zusammen, nannten sich Coconami, und nun ist dieser Tage ihr Deutschland-Debüt bei Trikont erschienen; vergangenes Jahr veröffentlichten sie schon ein Album in Japan.

Die ausgebildete Sängerin Nami kam eigentlich nach München, um Deutsch zu lernen, und blieb, um Musiktherapie zu studieren. Ihr Deutsch ist inzwischen fast akzentfrei, zudem verfügt Nami über beste Kenntnisse im hiesigen Dialekt und in der lokalen Kulturgeschichte. Beides schlägt sich in der Musik von Coconami nieder: Vogelgezwitscher läutet ihre Version von Bally Prells "Isarmärchen" ein. Ein ätherisches Zupfen der Ukulele löst es ab. Dazu dreht sich eine leiernde Spieluhr im trägen Walzertakt, und Nami trällert die Liebeserklärung an ihre Wahlheimat: "Wer kennt sie nicht, die schöne Stadt/ die jeder tief im Herzen hat/ jeder, der sie einmal geseh'n/und dazu den schönen Gau/ mit seinen Farben Weiß und Blau."

In Coversongs wie dem "Isarmärchen" trifft japanische Anmut auf zünftiges Liedgut - ein schöner Kontrast. Aber Coconami betrachten bayerisches Volkstum nicht nur durch ihre japanische Brille. Vielmehr stocken sie zeitweise ihr Duo um ein Münchner Original auf: Ferdl Schuster.

Der Wirt des japanisch-bayerischen Gasthauses Nomiya in Haidhausen singt zum Beispiel die Gstanzln des Lieds "Mir fahrn mit der Zilln übern See". Reizt zuvor noch die Spannung der ost-westlichen Zusammenarbeit, überwiegt bei den Liedern mit Ferdl Schuster ganz klar das bayerische Gewicht. Hier klingen Coconami dann in erster Linie traditionsverbunden und kaum innovativ.

Aus diesem schweren Sud ragen die feinen Eigenkompositionen von Coconami empor: Etwa "Taiyo ni koishita", dessen anfänglicher Minimalismus und zerbrechlich klingendes Wehklagen schließlich in ein feuriges Ukulelensolo umschlägt. Hier klingt Coconami eigen und unverwechselbar. Oder "Koishii egao", ein Lied, das nach Fernweh klingt.

Ob die Lieder in Deutschland auch überregional funktionieren oder als plakatives Spiel mit dem Exotenstatus des Bayerischen wie des Japanischen durchfallen werden, bleibt abzuwarten. Vermutlich würde Nami und Miyaji ihr München fehlen, wenn sie großen Ruhm einheimsten: Wie jene Momente, wenn sich in der Frühe pünktlich um sieben, Namis Vermieter und Teilzeitbandkollege Ferdl Schuster in den Tag hustet, und sie sich süße Liedlein für Coconami ausdenkt, die als Vademecum gegen alles Unschöne im Leben taugen.

© SZ vom 02.10.2008/sonn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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