Armutsgrenze:345 Euro im Monat reichen nicht

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"Das Existenzminimum steht nach der Verfassung jedem zu": Die Stadt will den Sozialhilfe-Satz nun doch deutlich erhöhen.

Sven Loerzer

Im Sozialausschuss sind sich alle Parteien einig, dass die Stadt die Möglichkeit nutzen soll, um den Sozialhilfesatz in München zu erhöhen. Sie sprechen sich einmütig dafür aus, ein Gutachten zur Entwicklung der Lebenshaltungskosten in Auftrag zu geben.

Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet hatte, kann die Stadt die Zuwendungen an Sozialhilfeempfänger mit einem solchen Gutachten selber erhöhen. Zuvor hatte die Ratsmehrheit stets Bund und Land für die niedrigen Sozialhilfesätze verantwortlich gemacht. Derzeit liegt er bei 345 Euro im Monat.

Zwei Euro mehr

"Menschen, die dauerhaft von diesem Betrag leben müssen, sinken unter die Armutsgrenze", sagte Grünen-Fraktionschef Siegfried Benker. Mit dem Gutachten sei die Stadt "auf dem richtigen Weg, wir müssen weg von der politisch gesetzten Obergrenze". Auch das Arbeitslosengeld II sei zu niedrig, betonte Benker, "da muss der Bund in die Gänge kommen". Die sozialpolitische Sprecherin der Rathaus-SPD, Brigitte Meier, erwartet, dass der Bund auch das Arbeitslosengeld II erhöhen muss, wenn das Münchner Gutachten einen höheren Bedarf feststellt: "Das Existenzminimum steht nach der Verfassung jedem zu."

Nadja Hirsch (FDP) und Gisela Oberloher (CSU) forderten, das Gutachten möglichst schnell in Auftrag zu geben. Doch weil München damit Neuland beschreite, bat Sozialreferent Friedrich Graffe um Geduld: "Ich brauche einfach etwas Zeit." Vorher müssten Rechtsfragen geklärt wären, denn sonst riskiere die Stadt, dass das Gutachten von der Aufsichtsbehörde, der Regierung von Oberbayern, nicht anerkannt werde.

Graffe äußerte sich gleichwohl überzeugt davon, dass 345 Euro in München nicht zum Leben reichen. Bürgermeisterin Christine Strobl (SPD) appellierte an den Bund, im Interesse der vielen Kinder in Hartz-IV-Haushalten auch das Arbeitslosengeld II zu erhöhen. Zum 1. Juli steigen die Sozialhilfe und das Arbeitslosengeld II um den gleichen Prozentsatz wie die Renten: Statt 345 gibt es dann 347 Euro im Monat.

© SZ vom 28.6.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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