Archiv:Der Hubertussaal - Klassik mit Hirschbraten

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Bald hat München einen neuen alten Konzertraum - den Hubertussaal im Schloss Nymphenburg.

Johannes Rubner

Mag sein, dass früher einmal - sagen wir, in der Mitte des 18. Jahrhunderts - die Künste und das richtige Leben noch näher beieinander lagen als heute. So wurden, als man 1755 im Orangerietrakt des Schlosses Nymphenburg einen neuen "Comödiensaal" fertiggestellt hatte, dort neben Konzerten und Theateraufführungen auch zünftige Jagdessen veranstaltet.

Und weil der kurfürstlich-bayerische Hof offenbar Prioritäten zu setzen wusste, wurde der langgestreckte Raum Hubertussaal genannt, nach dem Schutzpatron aller Waidmänner also und in der (damals) üblichen Missachtung von Schauspielern und Musikanten.

Wobei diese freilich, nach einem nur kurzen Gastspiel im Hubertussaal, sowieso bald wieder ihren ursprünglichen Arbeitsplatz im Mitteltrakt des Schlosses zugewiesen bekamen, nämlich im Steinernen Saal, frisch renoviert unter der Leitung von Johann Baptist Zimmermann und François Cuvilliés.

Doch auch die Jäger und Wildbret-Schlemmer schienen des Hubertussaals schnell überdrüssig geworden zu sein. Fast zwei Jahrhunderte lang benutzte man ihn vorwiegend als Lager- und Arbeitsraum, und wenn er von diesem Sommer an wieder seine alte Doppelfunktion als gleicherweise kulturelle und gesellschaftliche Begegnungsstätte erfüllen kann, ist das nicht zuletzt von Eckard Heintz realisiert worden, dem langjährigen Hausherrn im Münchner Gasteig.

Aufgrund seiner Erfahrungen dort ist er vertraut mit bautechnischen Vorschriften und mit all den anderen funktionellen Kriterien, die ein Saal erfüllen muss, um für den Kunstvollzug tauglich zu sein, kurz: Heintz weiß, wie breit eine Tür zu sein hat, die ein Fluchtweg ist oder durch die ein Konzertflügel geschoben werden muss.

Das sind nun zwar längst nicht alle Kenntnisse, die nötig sind, um einen Veranstaltungsort nutzbar zu machen, aber für Heintz bedeuteten sie den Einstieg in das Projekt Hubertussaal, denn Finanzminister Kurt Faltlhauser, mit dem er sich einmal über Konzertsaal- Türbreiten unterhielt, bat ihn daraufhin um die Machbarkeitsstudie zur Renovierung des Raums.

Dass damit Ende der neunziger Jahre begonnen werden konnte, ist zu einem guten Teil der Tatkraft des Finanzministers selbst zu verdanken, aber auch zahlreichen anderen Initiativen wie etwa den "Freunden des Nationaltheaters". Man wollte in Nymphenburg wieder einen Konzertsaal haben, nachdem aus Gründen des Denkmalschutzes der Steinerne Saal im Mitteltrakt geschlossen worden war.

Dort fanden von 1945 bis 1995 Kammerkonzerte statt. Vielleicht führt der Hubertussaal diese Tradition nun weiter. Das Veranstaltungsmanagement hat, nach einer öffentlichen Ausschreibung, wiederum Eckard Heintz übernommen, mit seinem 1997 gegründeten Institut für Internationales Kulturmanagement. So ist Heintz nun also erneut Hausherr (in Vertretung der Schlösserverwaltung) und Konzert- und Veranstaltungsmanager in einem, und tatsächlich hat er den Saal schon zum Start gut ausgelastet.

Nach den beiden Eröffnungskonzerten am 7. und 8. Juli, mit dem Kammerorchester des Bayerischen Rundfunks sowie Julia Fischer und Daniel Schott als Solisten, sind bis zur Sommerpause schon 14 weitere Kammermusik-Termine vergeben worden.

Ganz im Sinne der doppelten Nutzungsgeschichte des Hubertussaals kommen dazu noch zwei Hochzeiten und eine Veranstaltung des Fremdenverkehrsamtes. Von 2004 an plant Heintz eine eigene Reihe, den "Nymphenburger Sommer", mit Klassik, Jazz und Theater.

Bis dahin aber ist noch einiges zu tun. Der Hubertussaal litt unter vielen bautechnischen und statischen Mängeln; darunter war eine schiefe Außenwand, die nun gesichert worden ist, sich aber immer noch leicht neigt und damit wohl eine der Attraktionen für das künftige Konzertpublikum sein wird. Toiletten und Garderoben wurden eingerichtet und natürlich die Küche für die Verpflegungsbetriebe.

Der Saal selbst bekommt eine lindgrüne Stoffbespannung sowie Wand- und Deckenlüster nach böhmischem Muster, er hat Parkettboden und eine Umlauflüftung und ist, bei Reihenbestuhlung, ausgelegt auf maximal 392 Plätze. "Alt" am Hubertussaal sind dann wohl nur noch die Fensterläden.

Etwa zehn Millionen Euro kostete die Sanierung, fast ein Zehntel davon haben die "Freunde des Nationaltheaters" beigesteuert, den Löwenanteil aber muss der Freistaat selbst berappen.

Von der Akustik des Hubertussaals erwartet man sich viel, jetzt ist dazu freilich noch keine Prognose möglich. Bei seiner Führung durch die momentane Baustelle postiert sich Eckard Heintz trotzdem schon mal dort, wo später das Podium stehen wird, und versucht eine kurze sängerische Improvisation, einen Hymnus auf das gute Gelingen der bisherigen Arbeiten.

Vielleicht tut er das auch in der Akustikprobe Ende Juni, zu der er die Maria-Ward-Schule eingeladen hat. Dann ist hoffentlich alles fertig und an alles gedacht worden - wie nicht zuletzt an die Pausenglocke im Treppenhaus, die Eckard Heintz hat gießen lassen und mit der die Münchner dann wieder in den Hubertussaal gerufen werden, zu Musik und Theater und zum Hirschbraten.

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