Ärzteskandal:Hausdurchsuchung bei Professor Land

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Eine Steuerprüfung hat die Ermittler auf die Spur eines Ärzteskandals gebracht: Mehrere Mediziner sollen von einem Pharmakonzern dafür bezahlt worden sein, dass sie ein bestimmtes Medikament verschrieben.

Von Christian Rost und Philip Wolff

Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft richten sich gegen 70 Ärzte an Kliniken in ganz Deutschland und 20 Mitarbeiter der Europazentrale von Fujisawa. Durchsucht wurden acht Transplantationszentren und mehr als zehn weitere Objekte im gesamten Bundesgebiet. Betroffen war in München auch das Klinikum rechts der Isar. Bei den Ärzten handelt es sich um Experten für Leber- und Nierentransplantationen.

Die Staatsanwaltschaft vermutet, dass die Mediziner von Fujisawa dafür bezahlt worden sind, Patienten ein spezielles Medikament des Konzerns zu verordnen. Es handelt sich um Prograf, dessen Wirkstoffe Abstoßreaktionen eines Spenderorgans verhindern sollen. Offiziell liefen die Behandlung mit Prograf an den Kliniken als "Studien und Anwendungsbeobachtungen".

Die Staatsanwaltschaft glaubt daran nicht, zumal die Ärzte "unangemessen honoriert" worden seien. Auf das mutmaßliche Kartell aufmerksam geworden sind die Ermittler bei einer Steuerprüfung.

Gegen den 64 Jahre alten Professor Walter Land vom Klinikum Großhadern besteht ebenfalls der Verdacht der Bestechlichkeit. Akten und Datenträger wurden nicht nur in seinem Haus in Harlaching gesichtet und sichergestellt, sondern auch in der Klinik. Land stellt damit einen Sonderfall dar, weil bislang bei keinem anderen beschuldigten Arzt Privaträume durchsucht wurden.

Klinikum Großhadern ebenfalls unter Verdacht

Speziell auf Land wurden die Ermittler aufmerksam, weil er von Fujisawa, der Hauptsitz des Konzerns befindet sich in Japan, vor einigen Jahren angeblich rund 40.000 Mark erhalten hatte. Es könne auch nicht ausgeschlossen werden, dass ebenfalls Lands Arbeitgeber, das Klinikum Großhadern, Geld von dem Pharma-Konzern erhalten habe, hieß es gestern aus Ermittlerkreisen. Klinik-Sprecherin Nicole Bongard dementierte dies.

Und ein weiterer, weit schwerer wiegender Vorwurf steht im Raum. Die Staatsanwaltschaft lässt nach SZ-Informationen auch prüfen, ob die betroffenen Patienten mit dem Fujisawa-Medikament quasi abhängig gemacht worden sind.

Ein Ermittler jedenfalls äußerte den Verdacht, die Ärzte hätten die Transplantationspatienten bewusst auf Prograf eingestellt, weil man in der Folgezeit nicht ohne weiteres auf das Präparat eines anderen Herstellers wechseln könne. Ärzte und Apotheker sagten auf Anfrage der SZ allerdings, es sei unwahrscheinlich, Patienten mit Prograf in eine Abhängigkeit treiben zu können.

Laut Oberstaatsanwalt Christian Schmidt-Sommerfeld soll hier ein Gutachten Klarheit bringen. Von Fujisawa war zu dem Vorwürfen gestern keine Stellungsnahme zu erhalten.

Vorermittlungsverfahren wegen umstrittener Reise Lands läuft bereits

In Sachen Walter Land läuft, wie berichtet, bereits ein disziplinarrechtliches Vorermittlungsverfahren an der Klinik. Im Mai hatte er mit einem Operationsteam eine angeblich ungenehmigte Reise in die Vereinigten Arabischen Emirate unternommen, um einem Mitglied der arabischen Herrscherfamilie eine Spenderniere einzupflanzen.

Mit einer ersten Stellungnahme Lands darf das Klinikum nach Angaben seines Rechtsanwalts in nächster Zeit rechnen - erst danach möchte sich auch die Klinikleitung zu möglichen disziplinarrechtlichen Konsequenzen für den Transplantationsmediziner äußern.

Zum aktuellen Ermittlungsfall gegen Land in Sachen Fujisawa bezieht das Klinikum keine Stellung. Die beiden Fälle hätten, so wird betont, nichts miteinander zu tun.

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