Streit um Berichterstattung:Film ab

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Die Firma Disney mag es offenbar nicht, wenn Zeitungen allzu kritisch über sie berichten. Der Versuch, die Filmkritiker der "Los Angeles Times" zur Strafe nicht mehr in ihre Pressevorführungen einzuladen, ging aber schief.

Von Viola Schenz

Donald Ducks Charakter könnte man so zusammenfassen: grundsätzlich sympathischer, aber schnell beleidigter Pechvogel mit Hang zum Choleriker, lässt sich leicht ärgern, steht sich oft selbst im Weg und verliert die meisten Auseinandersetzungen. Der Disney-Konzern scheint seiner berühmten Zeichentrickente und ihren Eigenarten derzeit nachzueifern. In einem wochenlangen Zwist mit der Los Angeles Times (LAT) changierte Disney zwischen beleidigt und cholerisch - und musste am Dienstag klein beigeben und einen Bann gegen die LAT beenden.

Journalisten im ganzen Land solidarisierten sich und wollten nun ihrerseits Disney ignorieren

Disney hatte deren Journalisten den Zutritt zu Pressevorführungen seiner Filme verboten. Grund: Ihre Zeitung hatte über Disneys Geschäftsgebaren im kalifornischen Anaheim berichtet, wo der Medienkonzern seine Vergnügungsparks Disneyland und California Adventure betreibt. Die zweiteilige Reportage handelte davon, wie sich der Konzern Subventionen, Rabatte und künftige Steuervermeidungen durch die Stadt Anaheim sichere und wie er Einfluss nehme auf lokale Wahlen.

Der Artikel erschien am 24. September. Danach setzte der Bann ein. Die LAT informierte ihre Leser am 3. November in einer Stellungnahme über den Boykott ihrer Kritiker und erklärte auf diese Weise, warum auf ihren Filmseiten nichts über aktuelle Disney-Produktionen wie Thor: Ragnarok zu finden sei.

Die Sache geriet allerdings zum Eigentor. Disney hatte offensichtlich nicht mit der Solidarität der Filmkritik gerechnet, die bis zur Ostküste und über die Landesgrenzen hinaus reichte. Medien inklusive der einflussreichen New York Times (NYT) kündigten an, Disneys Pressevorführungen zu boykottieren, solange die Kollegen der LAT ausgeschlossen blieben. Wenn ein mächtiges Unternehmen eine Nachrichtenorganisation für eine Geschichte, die ihr nicht gefalle, abstrafe, sei das ein gefährlicher Präzedenzfall, erklärte die NYT. Als diesen Dienstag auch noch Filmkritikerverbände in Los Angeles, New York, Boston und Toronto damit drohten, Disney-Produktionen bei anstehenden Preisvergaben auszuschließen, gab der Konzern auf. Nach "produktiven Diskussionen" mit der LAT-Leitung habe man sich darauf verständigt, ihren Filmkritikern die Vorführungen wieder zugänglich zu machen, ließ Disney verlauten. Vergangene Woche noch hatte es von dort geheißen: Man habe öfter mit Medien zu tun, mit denen man nicht immer einer Meinung sei, aber in diesem Fall zeige die Los Angeles Times "völlige Missachtung journalistischer Standards".

Donald Duck würde an dieser Stelle ziemlich wahrscheinlich eine Schnute ziehen und gebeugt und grummelnd aus dem Bild watscheln.

© SZ vom 09.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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