Radio:Zur rechten Zeit

In seinem Hörspiel "Auch Deutsche unter den Opfern" stellt der Autor Tuğsal Moğul die Frage, ob tatsächlich nur ein isoliertes Grüppchen für den Terror des NSU verantwortlich ist - und ob manche Ermittlungspanne Folge von Manipulation war.

Von Stefan Fischer

Man werde nichts Neues erfahren, heißt es im Hörspiel Auch Deutsche unter den Opfern. Gerade das macht den Autor Tuğsal Moğul so wütend. Weil alle Ahnungen, Indizien und Fakten vor einem lägen. Aber zu wenige Verantwortliche hinsehen wollen.

Auch wenn der NSU-Prozess mit harten Urteilen enden sollte, so Moğul, würde er den verfälschten Eindruck erwecken, ein isoliertes Grüppchen sei für den Terror verantwortlich. Moğul, der den Prozess verfolgt, sieht, was ihm zufolge nicht gesehen werden soll. So gebe es klare Hinweise darauf, dass die Einzeltäter-These falsch ist und es rechtsradikale Netzwerke gibt mit Einfluss auch in staatlichen Stellen, für die Terror ein politisches Instrument ist. Dieses Eingeständnis jedoch sei verpönt, es werde verharmlost und vertuscht.

Es ist beschämend, all die Pannen bei den NSU-Ermittlungen nochmals vorgeführt zu bekommen - und vor der Frage zu stehen, ob nicht auch bewusste Manipulationen darunter waren. Im Kern ist Auch Deutsche unter den Opfern ein Feature. Das verschafft Tuğsal Moğul die nötige Überzeugungskraft. Denn er hat sich bewusst für die Form des Hörspiels entschieden. Sie entbindet ihn davon, distanziert zu bleiben, vielmehr kann er empört sein, polemisch werden und anklagend - ohne unglaubwürdig zu werden. Sein Stück ist eine Einmischung zur rechten Zeit, angesichts der breiten Unterstützung für eine rechtsradikale Partei.

WDR 3, 19.04 Uhr und 1Live, 23 Uhr.

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