Pro-Sieben-Dokureihe:Ich ganz krass

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Thilo Mischke. (Foto: dpa)

Thilo Mischke findet in "Uncovered" sehr aufwendig heraus, dass die Welt kompliziert ist.

Von David Denk

Das Privatfernsehen ist für große Töne ja bekannt - und nicht weniger als eine "neue Dimension im Wissens-TV" sieht der Galileo-Sender in den neuen Reporter-Formaten Uncovered, Inside mit Stefan Gödde und Follow Us, mit denen man am Montagabend die Sommerpause von Circus Halligalli überbrückt. "Das wird aufregend", verspricht Pro Sieben per Pressemitteilung. Ja, wirklich?

Sieben Monate Arbeit und 80 Drehtage in 15 Ländern stecken nach Senderangaben in den vier Folgen von Uncovered über Gangs, Drogen, Gewalt und "Nature", die den Anfang der Wissens-Offensive machen (und von Themen und Bildsprache her doch recht stark an die ZDF-Neo-Sendung Wild Germany erinnern). Den Anspruch des Formats formuliert der Presenter-Reporter gleich zu Beginn der ersten Folge: "Ich bin Thilo Mischke. In Uncovered will ich in verborgene Welten eintauchen." Auch wenn man noch nie von dem 35-Jährigen gehört haben sollte, der unter anderem für den Stern schreibt und als Buchautor sowie Fernsehmoderator gern über Sexthemen spricht, wird man den Namen nach einer guten Nettostunde Uncovered so schnell nicht wieder vergessen - nicht aus Respekt vor seiner Rechercheleistung, sondern weil er unentwegt genannt wird. Mischke ist der junge Mann, der für die Zuschauer auf der warmgesessenen Couch dahin geht, wo es weh tut und einen wohligen Schauer in die Wohnzimmer trägt. Im Gespräch mit einem neunfingrigen japanischen Yakuza erfährt er etwa, dass der sechs Menschen getötet hat, in El Salvador ist er beim Exhumieren brutal zugerichteter und notdürftig verscharrter Leichen zugegen.

"Thilo Mischke begibt sich an die Frontlinien brutaler Bandenkriminalität", raunt die Off-Sprecherin zur Einleitung ins Thema der ersten Folge: Mischke besucht darin Gangmitglieder - neben Japan und El Salvador auch noch in Brasilien. Das ist schön für ihn, einen Job zu haben, bei dem man so viel rumkommt; für den Zuschauer hingegen kommt nicht so wahnsinnig viel rum, kratzt Mischke doch (mit Ausnahme vielleicht der letzten Station im gewaltverseuchten El Salvador) meist an der Oberfläche. Und selbst hier - nachdem er mit Gangstern, Polizisten und Politikern gesprochen hat - fällt das Schlussfazit bestürzend dünn aus: "Ich habe gelernt, dass es auf gar keinen Fall schwarzweiß ist", sagt Mischke. "Es gibt nicht die Guten gegen die Bösen, es gibt nicht die Bösen gegen die Guten." Und: Abspann! Potzblitz, die Welt ist kompliziert - wer hätte das gedacht?

Uncovered ist ein grotesk übertourtes Format; der betriebene Aufwand steht in keinem gesunden Verhältnis zum Ertrag. Auch Mischkes Erkenntnis, dass "Anerkennung ein verbindendes Element aller Gangs zu sein scheint", hätte man erheblich billiger und ungefährlicher haben können.

Uncovered , Pro Sieben, Montag, 22.10 Uhr.

© SZ vom 09.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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