Neue Serie:Ein verrücktes Paar

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Superhelden oder doch Superspinner? "Legion" handelt von David und Syd, die sich in einer psychiatrischen Anstalt kennen und lieben lernen. Der "Fargo"-Macher Noah Fawley erzählt sprunghaft und mutet seinen Zuschauern erfrischend viel zu.

Von Nicolas Freund

Syd sieht super aus, findet David. So mit dem Trainingsanzug und dem Stirnband. David hat Glück, denn als er Syd gefragt hat, ob sie seine Freundin sein will, hat sie ohne zu zögern Ja gesagt. Einziges Hindernis zum Glück der beiden ist jetzt nur noch, dass Syd es nicht erträgt, von jemandem berührt oder gar geküsst zu werden. Ruhe haben die Liebenden auch keine, denn Davids Zimmer liegt schon wieder in Trümmern. Und was machen eigentlich diese Soldaten hier?

Die einfachste Erklärung: David spinnt, Syd auch. Deshalb sind die beiden in der geschlossenen Psychiatrie in Behandlung und flirten zum Zeitvertreib ein bisschen. Alternative Erklärung: David ist ein Superheld mit wahnsinnigen Kräften, von denen er nichts weiß und die er nicht kontrollieren kann. Syd ist eine Agentin, die ihn aus dieser Anstalt rausholen soll.

Superhelden-Serien werden von den Studios und Streamingdiensten derzeit im Akkord produziert: Scheinbar jede Figur, die jemals auf den Seiten eines Comics erschienen ist, bekommt ihre eigene Serie. Um die Zuschauer zu halten, schickt Netflix gleich vier Supermenschen in den Kampf um Abonnenten. Dass diese Serien oft nach dem selben Muster funktionieren - gebrochener Held muss sich inneren und äußeren Feinden stellen - ist Teil des Erfolgsrezepts. Denn obwohl meist super besetzt, gespielt und gefilmt, verlangen diese Serien dem Zuschauer nicht viel ab.

Sind sie nur ein Paar, das sich in der Psychiatrie kennen gelernt hat? Oder ist er ein Superheld und sie eine Agentin? David und Syd, die Protagonisten von "Legion". (Foto: FOX)

Legion aber, die neue Serie von Noah Hawley, der Fargo zur TV-Serie gemacht hat, ist in dieser Hinsicht mutiger als alle Netflix-Helden zusammen. Schon die erste Folge sieht mit ihren Pastellfarbtönen und schrägen Kostümen aus, als hätte Wes Anderson Clockwork Orange nach einem Drehbuch von Charlie Kaufman neu verfilmt.

Wer nicht aufpasst, ist bald so desorientiert wie der Protagonist

Erzählerisch halten sich fast alle Fernsehserien an das klassische Hollywood-Kino, das jeden Schnitt aus der Handlung motiviert und immer klar markiert, wo und wann man sich gerade befindet. Legion springt dagegen munter zwischen den Erzählebenen, ohne diese irgendwie zu markieren. In der zweiten Episode erforscht David sein Hirn: Vergangenheit und Gegenwart, Wirklichkeit und Erinnerung vermischen sich teilweise bis zur Unkenntlichkeit. Manchmal wacht David unter einer ausgestopften Ziege auf und jemand bietet ihm ein Glas Milch an. Manchmal wacht er auch im nahen Waldsee auf. "Du hast eine extrem große Amygdala", wird er einmal gelobt. "Danke." So reden die Superspinner miteinander. Wer nicht aufpasst, dem geht es bald wie David: Keine Ahnung, was hier gerade abgeht.

Legion sieht großartig aus, ist witzig und begeistert, gerade weil vom Zuschauer mehr Einsatz gefordert wird als bei den meisten Serien. Aber alleine ein durchgeknallter Stil wie in der Pilotfolge trägt noch keine ganze Serie. Er könnte sogar gefährlich werden, wenn er den Charakteren den Raum nimmt.

Legion , von 9. Februar an wöchentlich auf Fox.

© SZ vom 08.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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