Impro-Krimi:Schreckstarr

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RTL schickt "Team Frankfurt" als Ermittler am Abend los - eine Krimireihe, die stark an Scripted Reality erinnert, bei der die Schauspieler aber improvisieren. Das Vorbild kommt aus Großbritannien. In Folge eins wird erst mal nachgespielt.

Von Maike Müller

Weiße Schrift auf schwarzem Grund: Der folgende Fall basiere auf wahren Ereignissen. Ein paar allgemeine Informationen über Kindesmissbrauch, und schon befinden wir uns in einer spärlich mit billigen Möbeln bestückten Wohnung. Die Ermittler sprechen mit einem Vater, dessen Kind in der Nacht zuvor entführt wurde. Hölzern regt er sich über die Fragen auf und drückt seinen verbliebenen Sohn an sich. Tatverdacht - Team Frankfurt ermittelt ist eine neue Krimiserie von RTL. Mit einer Versteckte-Kamera-Perspektive und viel Bildwackeln soll das Geschehen möglichst echt und emotional wirken. Das kennt man von RTL vor allem aus den Scripted-Doku-Soaps, die am Mittag laufen. Aber: In Tatverdacht sind statt gescripteter, also mit einem Handlungsverlauf versehener Laien improvisierende Schauspieler am Werk.

Den Unterhaltungswert von Kriminalität hat RTL schon lange für sich entdeckt. Täglich ermitteln die Seriendetektive Trovatos, werden Verdachtsfälle aufgedeckt und Betrugsfälle aufgeklärt. Aber Tatverdacht-Produzent Guido Reinhardt vergleicht die Serie - verständlicherweise - lieber mit einem Impro- Tatort als mit anderen RTL-Formaten.

Orientiert haben sich die Produzenten an der britischen Serie Suspects von Channel 5 und die erste Folge gleich nachgespielt. Insgesamt soll die RTL-Version dann eine Mischung aus englischem Kontext und neuen deutschen Recherchen sein.

Die Themen sind reißerisch - Missbrauch, Vergewaltigung, Inzest oder Sterbehilfe - und seien, laut Produzent, universell. Daher könnten sie sowohl in London spielen als auch nach Frankfurt übertragen werden; alle Taten seien dennoch real, nur der Hergang der Ermittlung fiktiv. Von der Stadt selbst merkt man in Tatverdacht sowieso nur etwas, wenn die Ermittler gemeinsam auf dem Dach eines Hochhauses stehen und vor dem Panorama der nächtlichen Skyline über den Fall sinnieren.

Tatsächlich hebt sich das Schauspiel der Ermittler qualitativ von dem in anderen RTL-Serien ab. Nina Kronjäger (Kriminalhauptkommissarin Elke Welp), Aleksander Radenkovic (Kommissar Alexander Mikovic) und Natalja Joselewitsch (Kommissarin Sonja Lemke) mussten, um authentisch improvisieren zu können, das Polizei-Vokabular sowie Verhörmethoden erlernen. Am Ende der Fälle aber herrschen oft Sprachlosigkeit und entsetztes Anstarren. So etwas wie Chemie zwischen den Ermittlern ist eigentlich gar nicht vorhanden.

Bei Tatverdacht liegt der Fokus auf dem Fall und dem Fall allein; keine Neckereien, keine Flirts und keine quirligen Eigenarten. Schlag auf Schlag werden stattdessen die Ermittlungsschritte abgeklappert. Das würde fast dokumentarisch wirken, wäre da nicht die aufdringliche Musik mitsamt Einblendungen am Anfang und Ende jeder Folge - es steckt eben doch eine Menge Trovatos in der Impro.

Tatverdacht - Team Frankfurt ermittelt , RTL, 22.15 Uhr.

© SZ vom 22.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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