Gremienarbeit:Aufbruch für Aufseher

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Letzte Sitzung vor der Reform: Der WDR-Rundfunkrat verabschiedet seine Vorsitzende Ruth Hieronymi.

Von Hans Hoff

Nun ist er also Geschichte, der alte WDR-Rundfunkrat der elften Amtsperiode. Nach sieben Jahren hat er am Donnerstag in Köln die letzte Sitzung absolviert, hat Ruth Hieronymi, seine scheidende Vorsitzende, nach 25 Jahren Mitgliedschaft verabschiedet, hat ganz vielen seiner 49 Mitglieder gedankt, die im nächsten Rundfunkrat nicht mehr vertreten sein werden. Vor allem aber hat er sich ausgiebig gelobt für all das, was er nach eigener Einschätzung bewirkt hat.

Wie soll er auch anders an einem Tag, da das Gremium vom Intendanten, also von dem, den man beaufsichtigen soll, jede Menge Honig um den Mund geschmiert bekommt. "Sie sind das Parlament, sie repräsentieren die Menschen", schwärmt Tom Buhrow in seiner Bilanz. "Wir konnten viel bewirken. Ich glaube, der WDR steht jetzt besser da", behauptet er im Rückblick und verfügt damit über eine Erkenntnis, die er mit seinem Aufsichtsgremium teilt, die er ansonsten aber weitgehend exklusiv hat.

Aber was soll der Intendant schon anderes sagen? Schließlich ist er von just diesem Rundfunkrat gewählt worden und musste dann nach seinem Amtsantritt in ein riesengroßes Finanzloch blicken. Das hatte der Rundfunkrat wie auch Buhrows Vorgängerin sehr offenbar übersehen. Kann passieren.

Aber nun geht der Blick erst mal in die Zukunft. Am 2. Dezember konstituiert sich der neue Rundfunkrat, der aufgrund des neuen WDR-Gesetzes dann 60 Mitglieder haben wird. Als neuer Vorsitzender wird Andreas Meyer-Lauber vom Deutschen Gewerkschaftsbund gehandelt. Der hätte die Möglichkeit, den Rundfunkrat aus seinem Dornröschenschlaf zu wecken, ihn zu befreien von Standardaufgaben, ihn zu Anstößen zu bewegen, die hinausgehen über das Abhandeln bereits andernorts geführter Diskussionen.

Das ließ sich am Donnerstag prima beobachten anhand einer kurz aufflammenden Diskussion über die Frage, wen man in Talkshows einlädt, ob man Verschleierte dort zum Gespräch bitten soll. "Wir waren uns im Programmausschuss einig, dass es völlig unangemessen war, diese Frau einzuladen", sagt die Ausschussvorsitzende Petra Kammerevert mit Bezug auf den viel diskutierten Anne Will-Talk mit der Konvertitin Nora Illi. Dass es ein NDR-Format war, wird zwar erwähnt, aber nicht wirklich gewürdigt.

Dann geht es noch um die Frage, ob die AfD zu oft eingeladen wird. Natürlich aufgebracht von Parteienvertretern. Da hält aber Buhrow dagegen. "Man kann nicht sagen, dass in den Medien eine Bevorzugung der AfD stattfindet. Es findet eine Auseinandersetzung statt", sagt der Intendant und weist eventuelle Wünsche zurück, die Regeln für politische Gesprächsrunden vor und nach Wahlen zu ändern. "Wir sollten nicht die Regeln während des Spiels ändern", sagt er. "Das kann man später tun, nach der Wahl." Danach sorgt Hieronymi rasch wieder für Ruhe im Rundfunkrat. Wie üblich.

© SZ vom 18.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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