Fernsehkritik:Letzte Runde

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Der letzte Polittalk Günther Jauchs - mit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. (Foto: Paul Zinken/dpa)

In der Dernière seiner Talksendung wurde das Prinzip Günther Jauch erneut zum Einsatz gebracht - von Wolfgang Schäuble.

Von Katharina Riehl

Die große Stärke der Unterhaltungsmoderators Günther Jauch ist die Inszenierung einer gestellten Frage. Bei Wer wird Millionär sitzt Jauch in seinem Stuhl, ihm gegenüber ein schwitzender Kandidat, dann stellt Jauch eine Frage mit vier Antwortmöglichkeiten, er lehnt sich in einem Stuhl zurück, zieht Grimassen und wartet darauf, dass der andere (immer stärker schwitzend) mit einer Antwort rüberkommt.

Dass sich das Prinzip Jauch nur schlecht von der Quizsendung bei RTL in die politische Talkshow übertragen ließ, ist in den vier Jahren seiner ARD-Existenz ausreichend beschrieben worden. Umso lustiger war es am Sonntag, dass ausgerechnet in der allerletzten Sendung aus dem Berliner Gasometer das Prinzip Jauch sehr erfolgreich zum Einsatz gebracht wurde: von Wolfgang Schäuble. Der Bundesfinanzminister und einzige Gast der Dernière von Günther Jauch hörte sich die Fragen seines Gastgebers an, zog Grimassen, und während er mal antwortete und mal nicht, schien er darauf zu warten, ob Günther Jauch vielleicht anfängt zu schwitzen.

Überhaupt war das eine höchst verwunderliche Sendung, von der man bei oberflächlicher Betrachtung leicht hätte annehmen können, es handle sich weniger um eine Abschiedssendung für Günther Jauch als um eine für Wolfgang Schäuble, der allerdings derzeit gar nicht besonders amtsmüde wirkt. Von seinen Anfängen (1972 kandidiert er mit Seitenscheitel und kariertem Sakko das erste Mal für den Bundestag) über die Flüchtlingsdebatte ("Wir fahren auf Sicht") bis zu seinem Verhältnis zu Helmut Kohl ("Ich habe keinen Groll") haben ihn Jauch und seine Redaktion mit Einspielfilmen und Steilvorlagen äußerst liebevoll porträtiert. Der journalistische Erkenntnisgewinn derweil hielt sich sehr in Grenzen, auch weil Schäuble sich hartnäckig weigerte, unfreundlich über seine Bundeskanzlerin zu sprechen.

Überhaupt weigerte sich Wolfgang Schäuble ziemlich viel an diesem Abend, vor allem wenn er eine Frage doof fand, und das kam öfter vor: "Lassen Sie uns über was Vernünftiges reden"; "Es war nicht sehr originell, diesen Beitrag für die Sendung vorzubereiten"; Oder: "Immer dieselben Themen". Eine Kritik, die sich im Hinblick auf ARD-Talks auch genereller anwenden ließe. Aber von denen gibt es jetzt ja eine weniger.

© SZ vom 01.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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