Ehrung:Ausgezeichnet

Lesezeit: 1 min

Anne Kunze von der "Zeit" gewinnt mit einem furiosen Text über die Fleischindustrie den Herbert-Riehl-Heyse-Preis 2015.

Anne Kunze, Redakteurin der Wochenzeitung Die Zeit hat den Herbert-Riehl-Heyse-Preis 2015 gewonnen. Die 34-jährige Journalistin erhält die mit 10 000 Euro dotierte Auszeichnung für ihren Text "Die Schlachtordnung", der am 11. Dezember 2014 im Wirtschaftsteil der Zeit erschienen ist. Kunze hat Zeitgeschichte, Völkerrecht und Journalistik studiert, sie schreibt zu sozialen, ökonomischen und ökologischen Themen; immer wieder veröffentlicht sie investigative Stücke zu Gesundheit und Ernährung.

Ihr preisgekrönter Text beschreibt in ebenso furioser wie beklemmender Weise die Ausbeutung der Arbeiter in der Fleischindustrie. Anne Kunze schildert die Zustände in einer idyllischen Gegend in Niedersachsen, wo im Sekundentakt geschlachtet wird - immer schneller, immer billiger, immer schmutziger: "Hals aufschneiden, aufhängen, Rektum aufbohren, enthäuten, aufschneiden, zerlegen". Erledigt wird diese Arbeit von einer Geisterarmee aus Osteuropa. Kunze hat recherchiert, wie deren Söldner angeworben und wie ihre Arbeitsbedingungen ausschauen - nämlich so, als gäbe es kein Arbeitsrecht, ja so, als gäbe es überhaupt kein Recht. Die Autorin arbeitet heraus, wie ganze Produktionsschritte an Subunternehmer ausgelagert worden sind und wie ein Milliardenmarkt mit mafiösen Strukturen entstanden ist. Es handele sich, so Kunze, um "die Rückkehr des Manchester-Kapitalismus, weitgehend unbemerkt und mitten in Niedersachsen".

Der Text von Anne Kunze sei, so die Jury, ein Beispiel für "eindringlichen, unter die Haut gehenden Journalismus", wie er Herbert Riehl-Heyse angelegen war; es sei ein Text, "der den Leser umtreibt" und der die Politik umtreiben müsse. Anne Kunzes Engagement für Außenseiter, für ausgebeutete Menschen stehe in der Tradition Riehl-Heyses, der bis zu seinem Tod im Jahr 2003 die Süddeutsche Zeitung mitgeprägt hat. Der Jury des Preises gehören an: Franziska Augstein, Carolin Emcke, Hans Werner Kilz, Kurt Kister, Wolfgang Krach, Wolfgang R. Langenbucher, Heribert Prantl, Gabriele Riehl und Evelyn Roll. Gestiftet wurde der Preis von den Gesellschaftern des Süddeutschen Verlages; er wird alle zwei Jahre vergeben. Die bisherigen Preisträger waren Stefan Geiger ( Stuttgarter Zeitung), Stephan Lebert und Stefan Willeke (Zeit), Kerstin Kohlenberg und Wolfgang Uchatius (Zeit), Gerhard Stadelmaier ( FAZ) und Hans Holzhaider ( Süddeutsche Zeitung).

Der Preis wird am 30. April im Foyer des Verlagshauses der SZ in München verliehen. Die Laudatio hält Hans Werner Kilz, früherer SZ-Chefredakteur und Mitglied der Jury; die Festrede hält Monika Grütters, Kulturstaatsministerin der Bundesregierung.

© SZ vom 28.03.2015 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: