"Die Welt":Geschüttelt

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Ulf Poschardt wird Chef der "Welt" - ein später Karrieresprung für einen Journalisten, an dem bis heute der Stempel des Lifestyle-Leichtgewichts haftet. Noch vor wenigen Monaten wurde er übergangen.

Von David Denk

Welt, Welt am Sonntag und N24 haben einen neuen Chef. Nach acht Monaten übergibt der 70-jährige Herausgeber Stefan Aust, der das Blatt kommissarisch führte, an Ulf Poschardt, 49. Das ist einerseits keine Überraschung, ist Poschardt doch seit 2015 dort Stellvertreter; anderseits aber doch, denn noch beim Abgang von Vorgänger Jan-Eric Peters kam Poschardt nicht zum Zuge. Stattdessen reaktivierte man den früheren Spiegel-Chef Aust. Gab es Zweifel an Poschardts Eignung?

"Ulf Poschardt steht gemeinsam mit Stefan Aust für alle Veränderungen, die in den letzten Monaten umgesetzt wurden, denn er hat sie gemeinsam mit ihm entwickelt", heißt es auf Nachfrage. "Für Mathias Döpfner, Stefan Aust und die Redaktion war Ulf Poschardt von Anfang an der ideale neue WeltN24-Chefredakteur. Ihm selbst war es wichtig, zeitgleich mit seiner Berufung weitere Personalveränderungen bekannt zu geben. Dies ist in den letzten Monaten vorbereitet und umgesetzt worden."

Aust hat die Welt-Redaktion während seines Interregnums nachhaltig gegen sich aufgebracht, indem er die Zahl der Ressorts von 14 auf acht reduzierte und 50 Stellen einsparte. Eine Arbeitsteilung mit Good Cop Poschardt, dessen Berufung dem Vernehmen nach freudig aufgenommen wurde, würde also Sinn ergeben.

Wahr ist aber auch, dass an Poschardt bis heute der Stempel des Lifestyle-Leichtgewichtes haftet, seit er Tom Kummers erfundene Interviews im SZ-Magazin als "Borderline-Journalismus" rechtfertigte und mit Vanity Fair vergeblich versuchte, ein Magazin für die "Movers und Shakers" der Berliner Republik zu etablieren. Beide Male wurde er entlassen und schaffte doch 2008 das Comeback bei Springer, wo man ihm die Treue hielt, aber lange den großen Karrieresprung verwehrte.

© SZ vom 07.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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