Auszeichnung:Auch mal lustig

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Sting ermutigte die Radiomacher, unabhängig und wahrhaftig zu bleiben. (Foto: Daniel Bockwoldt/dpa)

In Hamburg wurde am Donnerstag der Deutsche Radiopreis verliehen. Die Gala konnte zeigen, wozu der Hörfunk in seinen besten Momenten fähig ist.

Von Stefan Fischer

Zweimal ist das Gala-Publikum aufgestanden im Schuppen 52, draußen in Hamburgs Freihafen. Einmal für Sting, den personifizierten Landadel der Popmusik, und zuvor, als acht Hamburger Radiowellen - drei des NDR und fünf private - am Donnerstag gemeinsam den Deutschen Radiopreis für die beste Programmaktion verliehen bekamen. Sie hatten im vergangenen Herbst gleichzeitig John Lennons Friedenshymne "Imagine" gespielt, als Zeichen gegen Rechts.

Dem mag eine gewisse Kirchentags-Romantik anhaften. Wenn sich jedoch eine ganze Mediengattung allem Pegidahaften entgegenstellt, ist das ein wichtiges Signal. Angeregt hatte diese Aktion im Übrigen ein Hörer - ein schönes Beispiel für die Nahbarkeit des Hörfunks, die sich eben nicht in Quiz-Anrufen erschöpft. Auch Sting hatte eine Botschaft ans Radiopreis-Publikum: "Independent, free and truthful" müsse das Medium bleiben, unabhängig und wahrhaftig.

Ein Musterbeispiel dafür lieferte NDR Info: Beinahe zwingend war die Auszeichnung für dessen Investigativ-Team in der Kategorie bestes Nachrichten- und Informationsformat für seinen Anteil an den Panama-Papers-Enthüllungen. Dass es jedoch nicht zwangsläufig umfassender öffentlich-rechtlicher Möglichkeiten bedarf, um auf diesem Gebiet etwas zu leisten, belegt die Nominierung von Radio FFN in der Informations-Kategorie: Der kommerzielle Sender hat ausführlich aus Bad Fallingbostel berichtet - in der niedersächsischen Stadt ist jeder vierte Bewohner ein Flüchtling.

Barbara Schöneberger trägt Streifen und atmet sich in Rage

Der Deutsche Radiopreis demonstriert, wozu der Hörfunk in seinen besten Momenten fähig ist. Dass das Medium seine gesellschaftliche und politische Bedeutsamkeit bei dieser von 57 Radiostationen übertragenen Gala aber nicht vor sich hertragen muss, um sie nur ja glaubhaft zu machen, dafür hat die Jury ein Gespür: Als bestes Interview waren Streitgespräche mit dem AfD-Politiker Uwe Junge und dem Theaterregisseur Claus Peymann nominiert, gewonnen hat allerdings Vera Laudahn für ihren WDR 2 Montalk mit Thomas Gottschalk. Unterhaltung, Entertainment, auch das sind Stärken des Hörfunks. Steffen Lukas vom sächsischen Radio PSR bedankte sich sogar dafür, "dass wir uns benehmen dürfen wie die Kinder", als er für die beste Comedy prämiert wurde. Ein wichtiges Signal ist auch die Auszeichnung von Arno Müller und Katja Desens für ihre Morgensendung beim Berliner Sender 104.6 RTL - es ist bereits ihr zweiter Radiopreis dafür. Wer die Auszeichnung möchte, muss an "Berlins lustigster Morgensendung" vorbei.

Seine Entertainment-Qualitäten hat das Radio auch bei der Gala ausgespielt. Drei Dutzend Nominierte zu präsentieren sowie zwölf Preise zu überreichen und vor allem ausreichend klarzumachen, wofür die Gewinner ausgezeichnet werden, dazu Auftritte von Sting, The BossHoss, Frances, Matt Simons, Topic und Silbermond - der Abend hatte eine Dynamik, die kaum ein anderer Medienpreis hinkriegt. Die souveräne Moderatorin Barbara Schöneberger hatte sich bereits hinter der Bühne "in Rage geatmet", wie sie sagte. Und man weiß angesichts ihres rot-weiß gestreiften Kleides, dass sie selbst als quasselnder Strandkorb eine gute Figur macht.

© SZ vom 08.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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