Zigarettenrückstände:Gefährliche Rauchzeichen

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Rauchen ist auch dann noch schädlich, wenn die Zigarette längst erloschen ist: Zigarettenrückstände in Kleidern schädigen die Gesundheit, besonders bei Kindern.

Werner Bartens

Verharmlosend heißt es kalter Rauch. Der spezielle Geruch, der Nikotinsüchtige umgibt und Partner wie Kollegen auf Abstand gehen lässt, ist jedoch nicht nur ein Belastungstest für die Toleranz und die persönliche Ekelschwelle.

"Das Gift bleibt, auch wenn der sichtbare Rauch längst verschwunden ist" - die US-Forscher warnen vor den Rückständen von Zigaretten in Kleidung und Umgebung. (Foto: Foto: ddp)

Die Reste von Zigaretten in Haaren, Kleidern, Möbeln, Teppichen oder Gardinen sind auch ein großes Risiko für die Gesundheit. Mediziner aus den USA zeigen in der Januarausgabe des Fachmagazins Pediatrics, dass die Gefahr des so genannten Third Hand Smoke noch immer unterschätzt wird (Bd. 123, S.e74, 2009).

"Wenn man raucht, egal wo, bleiben giftige Rückstände in den Haaren und in der Kleidung zurück, einfach überall", sagt Jonathan Winickoff, Professor für Kinderheilkunde an der Harvard-Universität und Hauptautor der Studie. "Nimmt man sein Baby auf den Arm oder hat anders mit ihm Kontakt, kommt es auch in Kontakt mit diesen Giftstoffen - selbst wenn man gerade nicht raucht."

Sogar während des Stillens übertragen sich die Toxine in die Muttermilch. Aber auch wenn Kinder für sich spielen, sind sie neben der Geruchsbelästigung diversen Gesundheitsgefahren ausgesetzt. Im Haushalt bleiben die vielen toxischen Partikel aus Zigarettenrückständen auf allen Oberflächen haften. Für Kleinkinder ist das besonders gefährlich. Sie sind nicht nur empfindlicher gegenüber Schadstoffen. Da sie alles in den Mund nehmen und darauf herumkauen, gelangen auch mehr Gifte in ihren Körper - Kleinkinder nehmen doppelt so viel Staub auf wie Erwachsene.

Giftiger Kontakt mit Kleinkindern

Der Rauch und seine Reste haben es buchstäblich in sich. Von den zahlreichen Substanzen im Zigarettenqualm sind mindestens 250 als äußerst giftig bekannt, darunter Cyanid-Verbindungen, Kohlenmonoxid, Butan, das in Lösungsmitteln enthaltene Toluen, Arsen, Blei, Chrom, Kadmium und das radioaktive Polonium-210. Allein elf dieser Substanzen gehören zu den Gruppe-1-Karzinogenen - das sind die besonders gefährlichen krebserregenden Stoffe. Für alle diese Substanzen gilt zudem: Es gibt keinen Schwellenwert, also keine noch so geringe Dosis, die unbedenklich wäre.

Die Risiken des Rauchens und des Passivrauchens haben sich mittlerweile zwar herumgesprochen. Allein in den USA werden jedes Jahr fast eine Million Todesfälle auf das Rauchen und 50.000 Todesfälle auf Passivrauch zurückgeführt. Wie viele Erkrankungen auf den Rauch aus dritter Hand zurückgehen, ist noch ungewiss. In Raucherhaushalten finden sich sechsmal so hohe Konzentrationen an schädlichen Substanzen im Urin von Kleinkindern im Vergleich zu Kindern, in deren Umfeld nicht geraucht wird. Zudem leiden Kinder in Raucherhaushalten häufiger unter Lernschwäche und Entwicklungsverzögerungen.

Winickoff und seine Kollegen appellieren daher an die Politiker, die in vielen Staaten und Bundesländern gerade erst erlassenen Richtlinien zum Nichtraucherschutz nicht wieder abzuschwächen oder gar zurückzunehmen. Das wäre nicht nur populistisch, sondern gesundheitsgefährdend. "Es gibt keine unbedenkliche Konzentration von Zigarettenrauch", schreiben die Autoren. "Das Gift bleibt, auch wenn der sichtbare Rauch längst verschwunden ist."

© SZ vom 07.01.2009/cag - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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