Warnhinweise auf Alkoholflaschen:Warnung vor dem Weine

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Trinken gefährdet die Gesundheit. Wer das noch nicht wusste - oder wissen wollte - kommt bald vielleicht nicht mehr um diese Einsicht herum. Die Info erhält man dann gratis beim Kauf eines Bierchens dazu.

Ines Schipperges

"Rauchen lässt Ihre Haut altern." "Rauchen kann die Spermatozoen schädigen und schränkt die Fruchtbarkeit ein." "Rauchen kann zu einem langsamen und schmerzhaften Tod führen."

Gefährlicher Wein (Foto: Foto: Reuters)

Seit Oktober 2003 gibt es diese Hinweise auf Zigarettenschachteln. Raucher sollen beim Griff zur Zigarette an die Gefahren ihrer Sucht erinnert werden. Die Warnungen sollen dort angreifen, wo der Mensch verletzlich ist - in seiner Eitelkeit, seiner Fähigkeit zur Fortpflanzung und, wenn das alles nichts hilft, seiner Liebe zum Leben.

Die Raucher kontern: "Rauchen schadet der Gesundheit, damit aufhören macht dick." "Arbeiten lässt Ihre Haut altern." Oder, schlicht und einfach: "Nichtraucher müssen auch sterben." Gut gemeint, jedoch weitgehend erfolglos erscheint diese Verordnung im Nachhinein. Wer raucht, weiß - meistens -, was er tut. Wer trinkt, auch?

Seit Jahren taucht immer wieder der Gedanke auf, mit ähnlichen Hinweisen den fortschreitenden Alkoholmissbrauch, insbesondere durch Jugendliche, zu bekämpfen. Im Oktober 2006 legte EU-Gesundheitskommissar Markos Kyprianou ein Strategiepapier vor, in dem eine Verbesserung der Aufklärung über die gesundheitlichen Folgen durch regelmäßigen Alkoholkonsum gefordert wurde.

Im Interesse der Europäer

Seine ursprünglichen Absichten, von denen er aufgrund heftiger Proteste von Seiten des Alkohol- und Werbemarktes abweichen musste, sahen rigoroser aus: Sie richteten sich unter anderem auf Verkaufsverbote an Jugendliche unter 18 Jahren, Verringerung der Werbung und eine Null-Promille-Vorschrift für Fahranfänger. Ebenfalls geplant wurde bereits zu diesem Zeitpunkt eine Vorschrift für Warnhinweise.

Dass eine solche Warnung durchaus im Interesse der Europäer wäre, zeigt eine Umfrage, die im März 2007 in Brüssel präsentiert wurde. 77 Prozent der befragten EU-Bürger sprachen sich für Warntexte auf Alkoholflaschen aus, durch die Schwangere, Autofahrer, Jugendliche und Alkoholiker auf die drohenden Gefahren aufmerksam gemacht werden sollten.

Auch ein Verbot von Alkoholwerbung, die Jugendliche zur Zielgruppe hat, hätte die volle Unterstützung von 76 Prozent der Befragten. Höhere Preise für den flüssigen Genuss allerdings wären keine geeignete Gegenmaßnahme: 62 Prozent ließen sich laut der Umfrage davon nicht in ihrem Alkoholkonsum einschränken.

Dienst nach Vorschrift

Warnetikette auf Alkoholgefäßen wurden in Amerika bereits vor siebzehn Jahren eingeführt. Das Resultat? Gleich null. Die meisten Amerikaner, die regelmäßig Alkohol konsumierten, bemerken die warnende Botschaft nicht einmal, geschweige denn, dass sie sich die Worte zu Herzen nehmen. Das zeigt eine Studie, die 2001 für das Center for Science in the Public Interest (CSPI) durchgeführt wurde.

Zu klein, schwer zu lesen, schwer zu finden und generell recht unauffällig erscheinen ihnen die Warnhinweise. Die amerikanische Getränkeindustrie beschränkt sich auf ein Minimum an Kooperation. Dienst nach Vorschrift, schreien die Etiketten.

Die Sucht lässt sich, was auch die Warnhinweise auf den Zigarettenpackungen zeigen, durch ein leises Wörtchen der Warnung und einen milde erhobenen Zeigefinger nicht beeindrucken.

Konkret an Schwangere gerichtete Hinweise ziehen laut Untersuchungen aus Kanada und den USA mehr Konsequenzen mit sich. Seit 2007 warnt auch der Alkoholproduzent Pernot Ricard Deutschland mit einem aufgedruckten Piktogramm - die durchgestrichene Silhouette einer schwangeren Frau - vor dem Genuss von Ramazotti, Malibu und Havana Club während der Schwangerschaft.

Zur allgemeinen Regel machen möchte dies das "Strategiepapier für ein Nationales Aktionsprogramm zur Alkoholprävention" der Arbeitsgruppe Suchtprävention. Sabine Bätzing (SPD), Drogenbeauftragte der Bundesregierung, führt den Vorsitz des Drogen- und Suchtrates, dem die Arbeitsgruppe angehört.

Konkrete Pläne gibt es allerdings noch nicht. Das Strategiepapier gilt lediglich als Sammlung von Empfehlungen und Vorschlägen. So soll die Promillegrenze für Autofahrer zunächst auf 0,2, längerfristig auf null gesenkt werden. Sportsponsoring soll beschränkt und ein Verbot gegen Alkoholwerbung im Kino vor 22 Uhr erwirkt werden. Auf längere Sicht ist geplant, Werbung für Alkohol gänzlich von der Leinwand und dem Bildschirm zu verbannen.

Gute Resultate bei Alkopops

Mehr Verantwortungsbewusstsein im Umgang mit Alkohol - das ist es, was die Arbeitsgruppe erreichen will. Dabei gesteht sie Wein und Bier durchaus ihr Plätzchen in einer kultivierten Gesellschaft zu. Wie immer heißt das Stichwort: maßvoll.

Das Maß scheinen gerade Jugendliche immer mehr zu verlieren. Rauschtrinken, Kampftrinken, Komasaufen - für viele Minderjährige gehört diese "Sportart" zum Alltag.

Recht gute Resultate erzielen offenbar die Hinweise auf deutschen Alkopops, die seit 2004 auf das Verkaufsverbot von Alkoholika an unter 18-Jährige aufmerksam machen. Immerhin 17 Prozent der Zwölf- bis 17-Jährigen lassen sich laut eigener Angabe davon abschrecken. Das neue Strategiepapier empfiehlt, auch für Bier und Wein die Altersgrenze anzuheben.

Die Frage ist: Wo endet die Suchtbekämpfung? Die Amerikaner demonstrieren, wie lang der Weg noch sein kann. Als Meister der Warnhinweise verschonen sie weder Zahnpasta noch Hundeleinen, weder Kaffeebecher noch Schokoriegel.

Schritt für Schritt nähern wir uns in Deutschland einem ähnlichen Etikettenwahnsinn. Die Vorschrift der Raucherwarnung erschien noch recht sinnvoll - wenn auch aufgrund der ausbleibenden Wirkung im Nachhinein eher nutzlos. Auch für Suchthinweise auf Alkoholflaschen gibt es ähnlich überzeugende Argumente. Nun empfehlen Experten, auch Computerspiele mit entsprechenden Etiketten auszustatten. Warnung vor dem Spiele? Nun ja.

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