Verehrte Prominente:Gefallene Götter

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Hollywoods Diven wissen um ihre Macht. Scarlett Johansson geht auf Stimmenfang im US-Wahlkampf - und versteigert sich jetzt auch noch im Internet.

Christian Mayer

Dass Glamour ein Machtfaktor ist und das Personal der Glitzer-Gesellschaft keine Hemmungen kennt, sich vereinnahmen zu lassen, erleben die Amerikaner in diesen Tagen des Vorwahlkampfes. Die halbe Showbranche wirft sich für die Präsidentschaftsbewerber in die Bresche.

Über Gebühr engagiert: Scarlett Johansson (Foto: Foto: Reuters)

Darunter ist auch jene Blondine, die mit ihrem Charme schon viele Männer tief beeindruckt hat: Scarlett Johansson, derzeit als Mätresse des englischen Königs Heinrich VIII. im Kino zu sehen, macht mit einem Video Wahlkampf für Barack Obama.

Das ist an sich kaum bemerkenswert, wäre da nicht eine zweite Botschaft, mit der sich das nette Mädchen aus Hollywood an die Amerikaner wendet: Neben ihrer Verpflichtung als Stimmeneintreiberin lässt sich die Schauspielerin auch noch versteigern. Wer genügend Geld bietet, darf sich von ihr auf eine Filmpremiere einladen lassen.

Der Erlös fließt an eine wohltätige Organisation, im weitesten Sinne geht es also um die Bekämpfung der Armut in der Welt. Und so sitzt die schöne Scarlett brav auf einem cremefarbenen Sofa, zupft sich an den Fingern und haucht ihre Botschaft ins Internet: Ich bin verfügbar!

Ein Date mit Scarlett für 16.000 Dollar

Der Meistbietende wird immerhin zum Ort des Treffens chauffiert und von einem Stylisten fachgerecht präpariert für das Treffen zwischen Star und Fan. Als eher unwahrscheinlich darf dabei gelten, dass sich Frau Johansson bei der Premiere im Juli um den Käufer ähnlich intensiv kümmert wie um Woody Allen, der seit dem Film "Match Point" nur in ihrer Nähe drehen will. Noch sechs Tage, dann ist die Auktion auf Ebay vorbei. Am Mittwoch kostete es bereits 16.000 Dollar, sich als Scarletts Ehrengast ein wenig wichtig fühlen zu dürfen.

Die Star-Versteigerung ist zwar kein neues Phänomen; aber es hat eine andere Qualität, wenn sich jetzt eine der begehrtesten Schauspielerinnen aus Hollywood anbietet wie ein besserer Gebrauchtwagen. Volksnaher als auf Ebay kann man seinen Ruhm nicht mehr teilen. Ein paar Klicks und eine Kreditkarte reichen aus, um auf dem roten Teppich neben seinem Liebling zu landen. Vielleicht kann bald jeder seinen Jack Nicholson, seine Madonna buchen, und sei es nur für einen Fünf-Minuten-Gig zum Sonderpreis. Das ist dann das Ende der hierarchisch geordneten Exklusivität.

In der Frühphase von Hollywood, als Kinostars noch Götter waren, unnahbare und überlebensgroße Leinwandfiguren, konnten nur die großen Tycoons über sie verfügen. Ein Cary Grant als williger Fan-Bespaßer im Freizeitdress, eine Joan Crawford als Ranschmeißerin auf Omas Sofa - unverstellbar. Wenn sich die Diven kaufen ließen, dann wurde es richtig kostspielig. In den dreißiger Jahren leistete sich der Zeitungsverleger William Randolph Hearst das Vergnügen. In seinem gigantischen Traumschloss an der kalifornischen Küste verkehrten Grant und Crawford, aber auch Rudolph Valentino, Marion Davies, Groucho Marx, Clark Gable und Charlie Chaplin.

Selbstverständlich logierten sie in königlichen Gemächern mit Zugang zum Pool, Privatzoo und zu einer riesigen Dienerschaft. Als Gegenleistung mussten sie auch mal die Wünsche des anspruchsvollen Gönners erfüllen - und zur Cocktailstunde kostümiert erscheinen. Am Hofe des Königs musste jeder seine Rolle spielen, so wie es der Herrscher wollte.

Wer es sich leisten konnte, hatte immer exklusiven Zugang zu seinen Idolen. Dazu brauchte man nur die richtige Yacht wie der griechische Reeder Aristoteles Onassis oder den Charme des Geldes wie der Immobilienherrscher Donald Trump. Auf ihren Partys tanzten Celebrities nur für ihre Gastgeber - und nicht im Auftrag von PR-Agenten. Längst ist die Star-Vermittlung ein professionelles Geschäft. Eine Sängerin wie Christina Aguilera tritt bei russischen Millionären auf - oder auch mal in der örtlichen Mercedes-Niederlassung vor 800 Premiumkunden.

Wer auch immer Scarlett Johansson ersteigert: Mehr als einen warmen Händedruck, ein betörendes Lächeln wird er dafür kaum bekommen.

© SZ vom 6.3.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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