Transplantation:Adern aus Hautgewebe

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Amerikanische Forscher haben Patienten Blutgefäße eingepflanzt, die sie zuvor für sie gezüchtet hatten - aus einem Stück Haut.

Werner Bartens

Dem Patienten wurde am Handgelenk ein Stück Haut entnommen, kaum größer als eine Zweieuromünze. Ein paar Monate später bekam er das Gewebe zurück. Es wurde in seinen Unterarm verpflanzt - allerdings in Form eines neuen Blutgefäßes, das aus der Hautprobe gezüchtet worden war. Diese ungewöhnliche Art der Gewebeumwandlung und -transplantation bei sechs Patienten schildern Mitarbeiter der kalifornischen Firma Cytograft Tissue Engineering und Ärzte aus Buenos Aires im Fachblatt New England Journal of Medicine (Bd.357, S.1451, 2007).

Blutgefäße lassen sich künstlich herstellen. (Foto: Foto: AP)

Um Adern aus der eigenen Haut herzustellen, isolierten die Forscher zunächst die in der Probe enthaltenen Bindegewebs- und Blutgefäßzellen. Im Labor wurden die Zellen gezüchtet und vermehrt und mit Hilfe von Röhren, an denen sie entlangwuchsen, in die richtige Form gebracht.

Nach sechs bis neun Monaten waren mehrere zehn bis 20 Zentimeter lange Blutgefäße entstanden. "Sie sahen aus wie Venen, hatten aber die Stärke von Arterien", sagt Todd McAllister von der kalifornischen Firma. Der Gefäßchirurg Sergio Garrido aus Buenos Aires, der die Adern übertrug, hatte während der Operation den Eindruck, dass sie sich "etwas zarter anfühlten" als normale Venen.

Die Funktion der neuen Gefäße wurde an Nierenkranken getestet, die sich der Blutwäsche unterziehen müssen. Für die Dialyse ist ein Kurzschluss zwischen Venen und Arterien am Unterarm nötig. Dieser sogenannte Shunt wird operativ angelegt und ermöglicht es, mit Nadeln das Blut aus dem Körper in das Schlauchsystem der Dialysemaschine und wieder zurück zu leiten. Da der Shunt mehrmals die Woche punktiert werden muss, wird er mit der Zeit porös, anfällig für Thrombosen und setzt sich manchmal sogar ganz zu. Bei manchen Patienten hält der Shunt mehr als zehn Jahre, anderen muss operativ immer wieder ein neuer angelegt werden.

Die aus Haut gezüchteten Blutgefäße wurden bei sechs Dialysepatienten als Shunts eingesetzt. Bei einem Patienten hielt das neue Gefäß 13 Monate, dann bekam er eine Niere transplantiert. Ein Patient starb nach 39 Tagen aus unklarer Ursache, bei einem anderen entwickelten sich nach drei Monaten Thrombosen und das neu gezüchtete Gefäß verstopfte. Die drei restlichen Versuchsteilnehmer hatten nach Angaben der Forscher keine Probleme mit ihrer neuen Ader.

Nicht mit der Firma verbundene Forscher sind sich einig, dass die 15.000 bis 25.000 Dollar teure Methode länger getestet werden müsse, bevor sie Patienten mit Gefäßleiden durch Diabetes oder Atherosklerose angeboten werden könne. "Möglicherweise könnte die Technik auch Kindern mit angeborenen Herzfehlern nutzen", sagt Deepak Srivastava, Kardiologe der University of California in San Francisco. Demnächst will das Unternehmen mehrere Zuchtgefäße zusammennähen, um längere Ersatzadern am Bein zu testen.

© SZ vom 12.10.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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