Tierleben:Alles für die Katz'

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Annette Zimolong ist Raubtierpflegerin im Tierpark Hellabrunn. Sie weiß, was ihre Sibirischen Tiger wollen. Sie versteht sogar ihre Sprache - und die Tiger verstehen auch Annette.

Von Philipp Crone

Der Tiger prustet, als Annette Zimolong am Zaun ist. Es klingt fast wie das Schnauben eines Pferdes, nur tiefer. Die Raubtierpflegerin aus dem Münchner Tierpark weiß, was dieses Geräusch bedeutet: "Das ist in seiner Sprache eine freundliche Begrüßung", sagt Annette Zimolong über den Tiger Jegor. "Die Tiere erkennen mich schon von Weitem, an meinem Gang und auch an meinem Geruch." Wenn die Raubtierpflegerin einmal ihr Parfum wechselt oder die Haare neu färbt, "kann es sein, dass Jegor das nicht so toll findet".

Annette Zimolong ist gleich nach ihrer dreijährigen Lehrzeit zu den Raubtieren gekommen. "Die großen Katzen sind nicht anders als kleine: Entweder sie mögen einen - oder nicht. Das ist schon beim ersten Treffen klar." Die 26-jährige Tierpflegerin, die gerade Küken ins Gehege reicht, mochten sie gleich. "Die Tiere sind zunächst an jedem Menschen interessiert, einfach weil sie neugierig sind. Aber wenn sie einen nicht mögen, ziehen sie zum Beispiel die Lefzen leicht hoch oder schauen fast demonstrativ weg."

Für den Winter fressen sich Tiger fünf Zentimeter Fettschicht an

Jegor und das Tiger-Weibchen Ahimsa gehören zur stark bedrohten Unterart der Sibirischen Tiger, der größten Raubkatze der Erde. Die können mit drei Metern fast so lang werden wie ein kleines Auto. Die größten Tiger wiegen so viel wie vier erwachsene Menschen. Sie brauchen täglich etwa sieben Kilogramm Fleisch, wofür sie in freier Wildbahn auf Beutesuche bis zu 100 Kilometer weit am Tag laufen, also etwa von München bis nach Augsburg.

Im Zoo werden die Tiere täglich von Annette Zimolong trainiert. Sie steht dann natürlich hinter dem sicheren Zaun. Wenn Jegor auf Kommando mit der linken oder rechten Seite am Zaun entlangläuft oder auf zwei Pfoten steht und sich an den Zaun lehnt, "können wir ihn gut untersuchen und zum Beispiel sehen, ob er eine Wunde hat, die man dann mit Desinfektionsspray einsprühen kann". Das Ziel des Trainings besteht darin, möglichst viele Untersuchungen am Tier machen zu können, um sicher zu gehen, dass es gesund ist. In den USA ist es zum Beispiel schon längst üblich, die Blutabnahme über den Schwanz zu machen. Dafür müsse das Tier dann trainiert sein, auch ruhig zu bleiben.

Gefährlich wird es, sobald ein Baum im Gehege schief steht

Jeden Tag geht Annette Zimolong die Gehege ab. Natürlich nur, wenn die Tiger in einer extra Box eingeschlossen sind: Auch wenn sie die Tiger gut kennt, bleiben es am Ende Raubtiere. Sie prüft, ob der elektrische Zaun noch funktioniert, ob vielleicht ein Baum schief steht, sodass ein Tier ausbrechen könnte, "und wir räumen den Müll auf, den manche reinwerfen".

Annette Zimolong sagt: "Jegor redet auch gerne, der macht dann ganz verschiedene Laute." Wenn sie mit ihm redet, spricht sie mit höherer Stimme als normal. "Ich verstehe ihre und sie meine Sprache", sagt sie.

Jetzt im Herbst haben sich die Tiger eine bis zu fünf Zentimeter dicke Fettschicht angefressen und ein Winterfell angelegt. In Sibirien wird es bis zu minus 45 Grad kalt. Der deutsche Winter wird sich da sommerlich warm anfühlen.

© SZ vom 21.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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