Thema der Woche:S.O.S.

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Auch Kinder und Schwangere konnte die „Aquarius“ aus dem Meer retten. Im Bild eine Archivaufnahme des Schiffs. (Foto: Salvatore Cavalli/dpa)

Ein Schiff mit geretteten Flüchtlingen irrt tagelang ziellos auf dem Mittelmeer herum, weil kein Hafen es anlegen lassen will. Wie konnte das passieren?

Von Nina Himmer

Es ist eine gefährliche, lange und teure Reise. Trotzdem brechen jeden Tag Menschen von Afrika nach Europa auf. Sie fliehen vor Gewalt und Armut und hoffen auf ein besseres Leben. Dafür riskieren sie eine Menge: Auf überfüllten Booten wagen sie sich auf das Mittelmeer. Manche schaffen es aber nicht ans andere Ufer, weil die Wellen auf hoher See die kleinen Boote umkippen. Jede Woche ertrinken deshalb Menschen auf hoher See.

Hilfsorganisationen wollen verhindern, dass es noch mehr Tote gibt. Mit großen Schiffen kreuzen sie deshalb über das Meer und ziehen Schiffbrüchige aus dem Wasser. Eines dieser Schiffe, die Aquarius, hat vergangene Woche 629 Menschen gerettet. Wie in solchen Fällen üblich steuerte seine Crew danach einen Hafen in der Nähe an, um die Geflüchteten dort abzusetzen. Europäische Länder haben sich nämlich verpflichtet, Menschen in Seenot erst mal aufzunehmen. Diesmal aber ist etwas Ungewöhnliches passiert: Als die Aquarius Kurs auf Italien nahm, verbot der neue Innenminister des Landes dem Schiff, an einem italienischen Hafen anzulegen. Mit dieser Entscheidung will er darauf aufmerksam machen, dass Italien mehr Geflüchtete aufnehmen muss als die meisten anderen Länder. Das liegt daran, dass Italien an das Mittelmeer grenzt. Aber darf man einen politischen Streit wirklich auf Kosten geflüchteter Menschen austragen? Die meisten finden: nein. Denn für die Geretteten auf dem Schiff ist das Verbot brutal. Viele sind schwach und verängstigt, weil sie so lange ums Überleben gekämpft haben. Für sie bedeutet die Entscheidung weitere verzweifelte Tage auf dem Meer. Schließlich bot Spanien dem ziellosen Schiff Hilfe und einen Hafen an. Nun sind die Geflüchteten unterwegs nach Valencia, wo sie vorerst bleiben dürfen. Doch auf dem Mittelmeer wartet schon das nächste Schiff mit Überlebenden an Bord - und weiß nicht, wo es hinsteuern soll.

© SZ vom 16.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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