Thema der Woche:Kopfüber

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Mit Headspin und Windmills kann man richtig aufdrehen. Nächste Woche findet in Essen beim "Battle of the Year" die inoffizielle WM statt: Aber woher kommt Breakdance eigentlich?

Von Juliane Liebert

Also, genau genommen hat natürlich niemand Breakdance erfunden. Wenn ein Apfel vom Baum fällt, sagt ja auch keiner: Der Apfel hat den Herbst erfunden - oder die Schwerkraft. Aber angefangen hat das alles schon irgendwo, und zwar im New York der Siebzigerjahre, zu einer Zeit also, als die Eltern von heute noch Kinder waren.

Viele sagen, Richard Colon sei der Erfinder des Breakdance. Sein Spitzname war Crazy Legs, "irre Beine" also. Kool DJ Herc, der dafür bekannt war, die lauteste Musikanlage überhaupt zu haben (und der Vater des Hip-Hop zu sein), meint dagegen, die Straßenbanden hätten Breakdancing begründet.

In New York gab es damals in vielen Vierteln Armut und Gewalt. Jugendbanden kämpften gegeneinander. Sie hatten Namen wie "Die wilden Schädel" ("The Savage Skulls", die gibt es heute noch!) oder "The Black Spades", das bedeutet wörtlich "Die schwarzen Spaten" (Spades war damals auch ein Schimpfwort für Schwarze). In diesen Jahren kam Hip-Hop auf: Die Jugendlichen erfanden eine neue Art, zu dieser Musik zu tanzen, die B-Boying, B-Girling oder Breakdance genannt wurde. Von Anfang an war das aber mehr als Tanz. Es war Sport, Musik, Akrobatik. Es ging darum, die Grenzen der Bewegung auszutesten und gegeneinander anzutreten. Außerdem war es eine gute Alternative dazu, sich gegenseitig auf die Schnauze zu hauen.

Es ist eine gute Alternative dazu, sich gegenseitig auf die Schnauze zu hauen

Zu den bekanntesten Moves gehören "Windmills", zu Deutsch Windmühlen. Dabei dreht man sich auf den Schultern um die eigene Achse, die Beine berühren den Boden nicht. Beim "Headspin" steht man auf dem Kopf und dreht sich. Aber das sind nur zwei von sehr vielen.

Wer sich all das ausgedacht hat, kann man heute nicht mehr sagen. Das liegt daran, dass Breakdance von so vielen Menschen beeinflusst wurde: Musikern, Tänzern, Straßenbanden. Vermutlich waren es alle zusammen. Für den, der als Allererster die Idee hatte - etwa zu den Windmills, ist das natürlich blöd.

Wie ätzend wäre es beispielsweise, wenn man selbst, sagen wir, die Idee für weiße Schokolade gehabt hätte. Aber jemand anderes hätte es schneller rumerzählt, und schwups, steht der als Erfinder da. Das Beispiel klappt natürlich nur mit weißer, nicht mit Zartbitterschokolade. Denn niemand, der halbwegs bei Verstand ist, mag Zartbitterschokolade, und niemand würde sie vermissen. Anders als Breakdance.

© SZ vom 21.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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