Gefühle:Kitzelmaschine

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Es fühlt sich ein bisschen an wie Achterbahnfahren: Beim Kitzeln wird man albern und panisch zugleich. Nur wenn man versucht, sich selbst zu kitzeln, spielt das Gehirn nicht mit.

Von Katrin Blawat

Stopp, Mama, ich kann nicht mehr! Kitzeln ist auch eine Art, Liebe zu zeigen. (Foto: Michael Neue/noise-fotografie)

Was ist schön, lustig, nervig und kann Angst machen? Kitzeln, genau.

Wenn einen die große Schwester immer wieder sanft an den nackten Fußsohlen berührt, ist das erst mal lustig. Aber wehe, sie hört und hört nicht auf. Das kann fast so etwas wie Panik auslösen. Diese unterschiedlichen Gefühle kommen deshalb auf, weil unser Gehirn nicht so genau weiß, was es mit den sanften Berührungen anfangen soll. So zumindest erklären sich Forscher, warum Kitzeln eigentlich kitzelt.

An Bauch und Hals sind Menschen sehr verletzlich. Also auch sehr kitzlig

Das Gehirn achtet ständig auf alles, was von außen auf den Körper zukommt. Es könnte sich ja um etwas Gefährliches handeln, dem man ausweichen oder das man bekämpfen muss. Angenommen, eine Mücke landet auf dem Unterarm. Das kitzelt auch ein bisschen, und dann ist es gut, das leichte Kribbeln zu bemerken und die Mücke zu verjagen. Denn ihr Stich kann - vor allem in wärmeren Ländern - auch krank machen. Diese "Wachhund-Funktion" des Gehirns funktioniert besonders gut an Körperstellen, die sehr verletzlich sind. Deshalb lassen sich Hals und Bauch so gut kitzeln.

Wenn das Kitzeln aber statt von einer Mücke von einem vertrauten Menschen kommt, bemerkt das Gehirn das natürlich auch. Dann sendet es sofort eine Entwarnung aus. Vor lauter Erleichterung darüber lacht der Gekitzelte. Die Anspannung, die von der Achtung-Gefahr-Meldung des Gehirns stammt, löst sich auf. Das ist so ähnlich wie in der Achterbahn. Da schreit man wegen der Angst, die ja trotz aller Freude immer mitfährt.

Tiere sind ebenfalls an ganz speziellen Stellen kitzlig: Pferde kurz hinter den Vorderbeinen. Dackel an den Hinterpfoten. Kleine Äffchen unter den Achseln. Nicht immer alle, aber manche. Ratten sind am Bauch kitzlig, und zwar besonders dann, wenn sie sich wohlfühlen.

Vielleicht sind Menschen auch deshalb kitzlig, weil es nur ganz besondere Vertraute, also Freunde und Familie miteinander machen. Zum Kitzeln braucht es immer zwei Menschen. Versucht man es bei sich selbst, verdirbt das Gehirn den Spaß. Sobald es nämlich merkt, dass man die Hände aufs Halskitzeln vorbereitet, schickt es der Stelle am Hals die Entwarnung: "Keine Sorge. Das sind nur die eigenen Hände, die dich gleich berühren werden." Diese Vorgänge im Gehirn sind so blitzschnell, man bekommt sie gar nicht mit. Wenn der Bruder oder ein Freund einen Kitzel-Angriff ankündigt, lässt sich das Gehirn beeindrucken: Man bleibt trotzdem kitzlig. Es vertraut dieser Ankündigung von außen sozusagen weniger als den Signalen des eigenen Körpers. Ein Glück, denn sonst wäre der ganze Kitzelspaß vorbei, bevor er begonnen hat.

© SZ vom 25.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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