Gemälde, Skulpturen und Co.:Große Kunst

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Von einem Kind oder Picasso? Diesmal: von Julius, 7. (Foto: Sandra Stolle)

Manche Besucher staunen einfach nur im Museum, manche wundern sich. Die Werke bedeutender Künstler sehen manchmal so aus, als hätten sie Kinder gemalt - und andersrum.

Von Kia Vahland

Was tut eigentlich ein Künstler, eine Künstlerin? Da gibt es keine Regeln. Die Schweizerin Miriam Cahn setzt sich in einen dunklen Raum und zeichnet Figuren, ohne etwas zu sehen. Was dabei herauskommt, hängt jetzt auf der Documenta, der weltweit bedeutendsten Ausstellung für Gegenwartskunst. Anne Imhof aus Berlin bittet ein paar Freunde, auf einen Zaun zu klettern, in die Gegend zu starren und sich dabei von Hunden beobachten zu lassen. Wie das wirkt, cool nämlich, kann man gerade auf der Biennale in Venedig sehen. Das ist auch eine wichtige Ausstellung für neue Kunst.

Rentierfelle auslegen und Fremde bitten, darauf was vorzusingen? Auch das ist Kunst

Und Marta Minujin aus Argentinien hat auf der Documenta in Kassel gerade einen großen antiken Tempel nachgebaut, den Parthenon aus Athen. Aber nicht aus Steinen oder Beton oder Lego, sondern aus Büchern, die irgendwo mal eine Regierung verboten hat. Das sieht schön bunt aus - und erinnert daran, dass es nicht überall und zu allen Zeiten selbstverständlich ist, alles lesen zu dürfen. Es gibt auch Künstler, die kochen Essen für Obdachlose. Oder sie stopfen kaputte Hosen und Kleider, welche die Leute ihnen vorbeibringen. Oder sie legen einige Rentierfelle aus und bitten fremde Leute, ihnen darauf etwas vorzusingen. Gegenwartskunst bringt die Menschen zusammen. In diesem Jahr sind besonders viele große Ausstellungen zu sehen: in Kassel, Athen, Münster und Venedig. Besucher reisen an, freuen sich über die Kunstwerke oder streiten darüber, was sie gut finden und was nicht. Manche sagen dann so etwas wie "Pah, das könnte mein Sohn doch auch, und der geht erst in den Kindergarten!"

Das stimmt ja auch manchmal. Aber es bedeutet nicht, dass ein Werk schlecht ist, im Gegenteil. Erwachsene können oft gar nicht mehr so gut zeichnen, malen und basteln wie Kinder. Sie machen sich zu viele Gedanken, was richtig und was falsch ist. Und dann trauen sie sich nicht mehr, einfach drauflos zu pinseln. Oder die Matratzen aus den Betten zu reißen und eine Räuberhöhle zu bauen. Deshalb bewundern viele Künstler die Art, wie Kinder malen und spielen. Sie studieren erst Kunst und dann bemühen sie sich, wieder zu vergessen, wie man Bilder ordentlich macht. Nur wenn ihnen das gelingt, und sie wieder spielen lernen, dann gelingt ihnen manchmal etwas Großes. Nämlich ein Kunstwerk, das auch anderen Spaß macht und sie zum Nachdenken bringt. Und wenn die Leute nicht gleich verstehen, was da zu sehen ist? Umso besser. Dann wundern sie sich eben. Und merken, dass sie auch als Erwachsene nicht alles wissen.

© SZ vom 25.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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