Serie: Die neuen Alten (1):"Hi Opi, wie geht's? Biba!"

Hans-Dieter Brunowsky und sein Enkel schreiben gemeinsam Bücher über die moderne Kommunikation. Ein Gespräch über die Zusammenarbeit der Generationen.

Ines Schipperges

Sie bekommen Babys, heiraten 20-Jährige, kennen die neuesten Fitness-Trends: Die "Neuen Alten" sind im Kommen. Die Serie zeigt, wie Senioren heute in unserer modernen Gesellschaft leben. Zum Auftakt stellen wir eine außergewöhnliche Buchreihe vor, die sich mit der Kommunikation zwischen Alt und Jung auseinandersetzt.

Maximilian Kubenz, Hans-Dieter Brunowsky

Schreiben gemeinsam Bücher über die Kommunikation zwischen den Generationen: Maximilian Kubenz und sein Großvater Hans-Dieter Brunowsky.

(Foto: Foto: oh)

Die heutige Jugend verschickt lieber Mails und SMS, statt den Großeltern einen Brief zu schreiben, spielt mit dem Computer herum, statt Geschichten von früher zu lauschen. Warum nicht, meint der 85-jährige Hans-Dieter Brunowsky. Er hält wenig von der krampfhaften Jagd nach Jugend, dafür umso mehr von einem regen Austausch der Generationen. "Altwerden und Jungbleiben, das ist die Kunst", lautet seine Prämisse. Erklärte früher Opa seinen Enkeln die Welt, wird heute der Spieß umgedreht: Die moderne Technik, für die Jungen eine Selbstverständlichkeit, erscheint den Älteren oft als Buch mit sieben Siegeln.

Brunowsky schreckte das nicht ab. Von seinem 18-jährigen Enkel Maximilian Kubenz ließ er sich in die Geheimnisse des Computers einweihen - und stellte fest: So schwer ist das ja gar nicht. Dem Buch, das aus diesen Unterrichtsstunden resultierte ("Opa, das kannst du auch! Mein Enkel erklärt mir den Computer"), folgten weitere ("Mein Enkel erklärt mir das Internet" und "Wir lernen digital fotografieren"). Im letzten Band beweist der Diplom-Volkswirt, dass nach wie vor auch die Enkel von ihren Großeltern lernen können: "Opa - wie werd ich Millionär? Opa und Enkel reden übers Geld."

Brunowsky will eine gemeinsame Ebene und Sprache der Generationen nutzen. Ob Messenger, Webcam oder E-Mail - die Kommunikation von Jung und Alt erfolge über die Wege der Technik. Wer heutzutage den Kontakt zur Jugend sucht, müsse in ihre Welt eintauchen, findet er.

sueddeutsche.de: Wie kam es zu der Idee, "Opa"-Bücher zu schreiben?

Hans-Dieter Brunowsky: Die Bücher sind entstanden, als meine Enkel mir einen Computer geschenkt haben, der zu klein wurde für ihre Spiele. Da habe ich mich erstmals mit so etwas befasst. Habe meinen Enkel mit Fragen gelöchert, die einzelnen Schritte - meine Fragen, seine Antworten, meine Fehler - protokolliert. Aus diesen Protokollen hat sich das erste Buch entwickelt. Maximilian ist der PC-Spezialist unserer Familie. So gut wie Maximilian kann es keiner.

Maximilian Kubenz: Ich sitze allgemein sehr viel am PC, halte mich auf dem Laufenden und habe Informatik auch in der Schule belegt.

sueddeutsche.de: In den ersten drei Bänden stehen Sie Ihrem Großvater mit Rat und Tat zur Seite. Im neuesten Band, "Opa - wie werd ich Millionär?", ist es umgekehrt: Herr Brunowsky beantwortet nun die Fragen seines Enkels. Was war der Grund für den Perspektivenwechsel?

Kubenz: Ich glaube, dass auch wir jüngeren Leute von den älteren einiges lernen können. Die Geld- und Finanz-Thematik hat mich interessiert, da sie ja auch für mich langsam aktuell wird, wenn ich mit der Schule fertig bin. Mein Opa als Volkswirt kennt sich damit natürlich besonders gut aus.

sueddeutsche.de: Traditionell ist es so, dass die Jungen von den Älteren lernen. Woher kommt der Wandel im Großeltern-Enkel-Bild, der sich auch in Ihren Büchern ausdrückt?

Brunowsky: Es gibt neue Gebiete, in denen die Jugend einfach besser ist als wir. Von Computern, Internet, Digitalkameras hatte ich keine Ahnung. Und so ergibt es sich, dass ich das, was ich selbst nicht kann, bei meinen Enkeln aufsauge.

Kubenz: Das war nicht immer so. Als ich kleiner war, war es umgekehrt. Mein Opa hat mir alles gezeigt und erklärt.

Brunowsky: Früher sind wir oft im Wald spazieren gegangen, ich habe ihnen die Pilzsorten erklärt, ihnen beigebracht, was eine Eiche und eine Buche ist. Doch wenn die Kinder älter werden, wandeln sich die Themen, über die wir sprechen. Bestimmte Interessen teilen wir natürlich auch nicht mehr. An eure Musik, wie heißt die, Rap und so, werde ich mich bestimmt nicht gewöhnen.

sueddeutsche.de: Inwiefern hat sich denn im Kontext der Technik das Seniorenbild der heutigen Gesellschaft verändert?

Brunowsky: Senioren haben die Chance, jung zu bleiben, wenn sie gemeinsam mit der Jugend lernen. Das ist, glaube ich, das Wichtigste. Die Jungen sind uns heute in der Technik haushoch überlegen. Wenn wir uns von den neuen Entwicklungen der Gesellschaft abkapseln, isolieren wir uns. Ich lese furchtbar ungern Handbücher. Wenn mein Enkel mir die Sachen erklärt, begreife ich sie hingegen sofort.

Kubenz: Damit wird zugleich der Kontakt zu den Großeltern aufrechterhalten. Die Technik ist ein Thema, von dem wir etwas verstehen, was aber oft auch die Älteren interessiert.

"Hi Opi, wie geht's? Biba!"

sueddeutsche.de: Herr Brunowsky, wenn Sie an das Großelternbild Ihrer eigenen Kindheit zurückdenken - wäre eine solche Form der Kommunikation zwischen den Generationen damals möglich gewesen?

Brunowsky: Ich bin aufgewachsen in einer Zeit, als Kinder bei Tisch nur sprechen durften, wenn sie gefragt wurden. Mit den Großeltern oder Eltern wurde niemals diskutiert - die Älteren hatten recht, das war einfach so.

sueddeutsche.de: Die Hierarchien waren eindeutiger geregelt als heutzutage. Hatten es die Senioren dadurch einfacher? Welche Rolle spielt der Respekt?

Brunowsky: Die Hierarchien zwischen den Generationen waren strenger, ja. Heute sind wir Kameraden, Freunde sogar. Ich glaube aber nicht, dass es früher leichter war. Das war eine andere Zeit mit anderen Werten. Wenn man sieht, wie flott wir heute miteinander diskutieren, durchaus auch mit Respekt vor dem anderen, kann man sich das gar nicht mehr vorstellen. Wir respektieren die Meinung der Jugend - und umgekehrt.

sueddeutsche.de: Fällt es einem Großvater zunächst schwer, zu seinem Enkel zu gehen und zu sagen: Erklär mal, ich versteh' das nicht? Manche empfinden das vielleicht als Autoritätsverlust.

Brunowsky: Nein, ich glaube nicht, dass es den Großeltern schwerfallen sollte. Die Kinder sind gerne bereit, Fragen zu beantworten. Es kommt nur darauf an, sie zu stellen.

sueddeutsche.de: Ist es der heutige Zeitgeist, der Bücher wie die Ihren erfordert?

Brunowsky: Ich denke schon. Vor fünfzig Jahren hatten wir ein Radio mit einem Knopf. Wenn man den Knopf nach rechts drehte, wurde es eingeschaltet, indem man ihn weiterdrehte, wurde es lauter. Da brauchte man keine Hilfestellungen. Die heutige Technik jedoch können wir ohne die Jugend gar nicht mehr bewältigen. Das zeigt auch die Resonanz meiner Leser: Sie finden es toll, dass mein Enkel mir die Erklärungen liefert. Die Sprache, in der wir kommunizieren, ist ihnen verständlicher als die Sprache der Handbücher. Im Handbuch wird nur diktiert, wie man es richtig macht. Wir hingegen haben auch die vielen Fehler, die ich gemacht habe, nicht ausgelassen. Jeder Schritt, den wir beschreiben, ist von uns selbst erprobt. Unsere Bücher zeigen, dass sich die alte Generation nicht in ihr Schneckenhaus zurückzieht, sondern die moderne Welt aktiv erlebt.

sueddeutsche.de: Wie würden Sie die heutige Beziehung zwischen Großeltern und Enkeln beschreiben?

Kubenz: Die meisten meiner Freunde haben nicht so viel Kontakt zu ihren Großeltern. Was ich aber generell erfahren habe: Wenn ich freundlich zu den älteren Leuten bin, im Bus und auf der Straße, sind sie ebenfalls freundlich zu mir.

Brunowsky: Höflichkeit ist wichtig, einige Benimmformen der alten Generation sollte man selbstverständlich aufnehmen. Für eine Annäherung der Generationen ist das Internet die optimale Kommunikationsform. Wenn wir uns auskennen, ergibt sich der Kontakt ganz automatisch - weil das die Sprache der jungen Generation ist. Wir können heute nicht erwarten, dass ein 18-Jähriger sich hinsetzt und einen Brief mit der Hand schreibt. Das ist ein schöner Traum, aber er wird nicht wahr. Schreibe ich ihm jedoch ein E-Mail, bekomme ich mit Sicherheit eine Antwort: "Hi Opi, wie geht's dir? Mir geht's gut." Auch die Kurzformen sollte man lernen - 4 u, biba und so ein Zeug. Wenn so etwas plötzlich in einer SMS vorkommt, soll man sich nicht vor den Kopf gestoßen fühlen. Sondern einfach die Sprache der Jugend mitsprechen. Manchmal unterhalten wir uns auch über dieses kleine Dings da oben am Computer - wie heißt das?

sueddeutsche.de: Webcam?

Brunowsky: Ja, Webcam. Das alles macht Spaß. Befasst euch mit dem Computer und ihr habt viel mehr Kontakt zu euren Enkelkindern, als wenn ihr sagt, mit dem modernen Zeugs will ich nichts zu tun haben.

sueddeutsche.de: Und wie würden Sie das Verhältnis in Ihrer eigenen Familie beschreiben?

Brunwosky: Wir haben unsere Enkel von klein auf begleitet. Sie waren bei uns genauso zu Hause wie bei den Eltern, kommen jeden Freitag zum Mittagstisch. Meine Frau kocht hervorragende Gerichte, die die Kinder mögen, wir tauschen uns aus und aus den wöchentlichen Zusammenkünften ergibt sich auch das eine oder andere Projekt. Das sehr gute Verhältnis, das sich daraus entfaltet hat, ist nicht typisch für Familien, die in verschiedenen Städten wohnen und sich nur selten sehen. Eine solche Beziehung kann man da natürlich nicht erwarten. Doch wo es möglich ist, ist eine Großfamilie immer noch ein tolles Modell.

Kubenz: Unser Verhältnis ist super. Ich freue mich immer, Oma und Opa zu besuchen. Und besonders freue ich mich auf das Essen - das ist das Beste.

Die "Opa, das kannst du auch"-Bücher von Hans-Dieter Brunowsky und Maximilian Kubenz sind im BrunoMedia Buchverlag erschienen und kosten pro Band 12,80 Euro.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: