Schön doof:Totalitäre Freunde

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Asghar Farhadi hat für den Film "The Salesman" den Oscar gewonnen, und ist aus Protest nicht zur Verleihung geflogen. Iran feiert ihn jetzt als Helden. Was für ein Eiertanz!

Asghar Farhadi hat für den Film "The Salesman" den Oscar gewonnen, und Iran feiert ihn als Helden. Ein ziemlicher Eiertanz, findet Susan Vahabzadeh.

Der iranische Regisseur Asghar Farhadi macht Filme, die sie sich nicht gerade durch Regimetreue auszeichnen - er hat damit aber so viel Erfolg, dass die Zensurbehörde, die in seinem neuesten Film "The Salesman" ganz nebenbei ihr Fett abbekommt, ihn in Ruhe lässt. "The Salesman" handelt davon, wie eine Gesellschaft ein Klima schafft, in dem eine Frau eine Vergewaltigung lieber nicht anzeigt, kunstvoll verwoben mit Arthur Millers "Tod eines Handlungsreisenden". Farhadi hat am vergangenen Sonntag für "The Salesman" den Oscar bekommen für den besten fremdsprachigen Film und "Toni Erdmann" abgehängt. Es war schon sein zweiter Oscar, 2012 hat er mit "Nader und Simin - Eine Trennung" schon einmal gewonnen. Und jetzt wird Farhadi in Iran natürlich fast zum Nationalhelden stilisiert - von seinen Fans sowieso, aber auch von Leuten, von denen man mehr Zurückhaltung erwarten würde. Mehrere Minister meldeten sich begeistert zu Wort, unter anderem Irans Außenminister Mohammed Dschawad Sarif.

Sarif ist der wandelnde Beleg für die Zwickmühle, in die Farhadi seine Regierung bringt. Oscars sind zwar amerikanisch, und die USA sind der Feind der Islamischen Revolution - andererseits gibt es im Mittleren Osten kein anderes Land, dessen Filme Oscars gewinnen, also sei's drum. Sarif lobte dann nicht nur den Film, sondern auch den Umstand, dass Farhadi schon Ende Januar angekündigt hatte, nicht zur Oscarverleihung nach Los Angeles zu fliegen - aus Protest gegen Donald Trumps umstrittenes Einreise-Dekret, das Bürger aus sieben Nationen, darunter Iran, aus den USA verbannen sollte.

Farhadi verzichtete dankend auf Sonderregelungen. Das Dekret, verkündete er in einem von der New York Times veröffentlichten Statement, sei rassistisch. Der Teil wird Sarif & Co. gefallen haben. Aber Farhadis Statement zielte nicht nur nach Westen. Es steht da auch drin, dass sich Hardliner ungeachtet ihrer Nationalität ähneln, "auch in meinem Land". Auf beiden Seiten des Ozeans gelte dasselbe: "Engstirnige Individuen nutzen das Einflößen von Angst häufig dazu, Extremismus und fanatisches Verhalten zu rechtfertigen." Mit so was macht man sich bei totalitären Regimes eher nicht beliebt.

Und jetzt? Farhadi nimmt vielleicht den Mund voll, aber seine Landsleute platzen gerade fast vor Stolz. Also wird er eben trotzdem gefeiert, mit einem Eiertanz. Und Eiertänze sind heikel und nicht sehr elegant.

© SZ vom 04.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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