Schauspielerin Claudia Ciesla:Von Bamberg nach Bollywood

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Sie hat das Dirndl gegen den Sari eingetauscht: In Deutschland ist das Fotomodell Claudia Ciesla weitgehend unbekannt - in Indien verehrt man die Bambergerin als Star.

Claudia Fromme

Das Priya Kino in der Rashbehari Avenue in Kalkutta, im Auftrag ihrer Majestät lässt sich James Bond in "Quantum of Solace" gerade durch die Luft jagen. Die Zuschauer reißt es von den Sitzen, wie das so ist im Kino in Indien. An die tausend sind da.

"Die Inder stehen nicht so auf Hungerhaken": Schauspielerin Claudia Ciesla ist der neue Star Bollywoods. (Foto: Foto: oh)

Plötzlich geht das Licht an. Unruhe, Pfiffe. Der Kinobesitzer springt auf die Bühne und sagt, dass er nicht warten kann, bis der Film zu Ende ist - ein besonderer Gast sei eingetroffen. Dann zieht er eine sehr blonde Frau auf die Bühne. Applaus brandet auf, Menschen liegen sich in den Armen. "Claudia! Claudia!" Bond kann warten, jetzt wollen alle von Claudia wissen, was sie von indischen Männern hält. Und wie sie Kalkutta findet. In der Reihenfolge.

So ist das, wenn Claudia Ciesla, Fotomodell aus Bamberg, Indien einen Besuch abstattet.

Im Restaurant "Swarg" in der Bamberger Frauenstraße läuft indische Musik, der Duft von Chicken Jhalfrezi liegt in der Luft. Ein Reporter vom Hörfunk rückt gerade sein Mikrophon vor Claudia Ciesla zurecht, als sich zwei Männer an den Nebentisch setzen. Cieslas Manager Gregor Kaden eilt herbei und fragt, ob sie sich umsetzen könnten. Da wäre ein Radiointerview mit - er spricht ein wenig lauter - "Claudia Ciesla, dem Bollywoodstar aus Bamberg", und ihre Stimmen könnten stören. Einer der Männer schüttelt ungläubig den Kopf und grinst. "Bollywood? Aha". Er möchte seine Oma grüßen, ruft er in Richtung Mikrophon.

So ist das, wenn Claudia Ciesla, Fotomodell aus Bamberg, Bamberg einen Besuch abstattet.

Von Bamberg bis Kalkutta sind es etwa 7240 Kilometer, da kann man viel behaupten. Claudia Ciesla, 21, lacht, sie kennt das. "Es ist ja nicht ganz gewöhnlich, was ich mache", sagt sie mit polnischem Akzent; sie ist vor vier Jahren von Loslau nach Bamberg gezogen. Also hat sie ordnerweise Artikel mitgebracht. Die Times of India titelt "Claudia brings sexy back!" Die Hindustan Times feiert das "European supermodel", der Telegraph aus Kalkutta berichtet von ihrem Besuch in einer Kinderklinik, "Healing hand" steht unter einem Bild, auf dem Claudia Ciesla einem Kind die Wange streichelt.

"Man muss den Menschen hier klarmachen, was die Claudia für ein super Typ ist", sagt Gregor Kaden, 61, und tätschelt ihren Arm. Er hat Videos dabei, neun Stunden Claudia. Eindrücke von Drehs, von Männern, die sich nach der Premiere ihres neuen Films "10:10" prügeln, um ihr nahe zu sein. 40 Polizisten mussten dazwischen gehen. Claudia Ciesla sagt: "Ich muss sagen, das ist schon verrückt."

Bollywood dreht sich schneller als Hollywood, und so hat sie ein Jahr nach ihrem ersten Flug nach Indien schon in drei Filmen mitgespielt. Ein bisschen hat dabei sicher auch geholfen, dass sie in der Vergangenheit in sehr luftiger Kluft für Bild posiert hat und ihre Maße nie unerwähnt bleiben: 98-64-96. Claudia Ciesla machte Furore, nicht zuletzt als sich - publizistisch begleitet von Bild - ein Doktor von der Echtheit ihrer Brüste überzeugte und sie beim Alpen Grand Prix 2007 das Lied "Mir ziagt koaner's Dirndlgwandl aus" vortrug. I

Im Internet brummte es, irgendwann bis Indien, wo Filmproduzent Vivek Singhania auf sie aufmerksam wurde und ihr eine Nebenrolle in seinem Film "Karma" antrug. Claudia Ciesla spielt darin eine ermordete deutsche Touristin, die als Geist zurückkehrt. Bei den Filmfestspielen in Cannes lief "Karma" außer Konkurrenz, im Frühjahr kommt er ins Kino.

Zwar dauert ihr Auftritt in "Karma" gerade mal zehn Minuten, doch fortan interessierte sich vor allem Tollywood, wie die Filmindustrie in Tollygunge bei Kalkutta genannt wird, für die Darstellerin, die so ganz anders ist als die anderen Schauspielerinnen. So blond, so curvy. "Die Inder stehen nicht so auf Hungerhaken", sagt Claudia Ciesla, lacht und stippt Nan-Brot in ihr Linsengericht. Sie ist sie die einzige Deutsche in der Branche.

In ihrem zweiten Film "Ki Jona Pardes" spielt sie eine Frau, die von ihrem Ehemann sitzengelassen wird, in der Mafiaklamotte "10:10" eine deutsche Journalistin. Drei weitere Verträge sind bereits unterschrieben, die Koffer für den nächsten Dreh in Indien längst gepackt. Zeit für Schauspielunterricht bleibt da eher nicht. "Übung kommt beim Drehen", sagt Claudia Ciesla und zuckt mit den Schultern.

Vier Leibwächter beschützen sie

In den Klatschspalten indischer Zeitungen ist sie integraler Bestandteil, die Schiffer von Tollywood. Brautpaare bieten viel Geld, damit sie als Ehrengast ihrer Hochzeit beiwohnt. Inzwischen hängen acht Saris in ihrem Schrank, prachtvolle Designerstücke, kiloschwer.

Auswandern wolle sie nicht - trotz der freundlichen Menschen dort. Sie sei nun doch sowieso schon mehrere Monate im Jahr dort, und außerdem sei es etwas anstrengend, derart belagert zu werden. "Ohne Leibwächter gehe ich nie aus dem Haus", sagt sie. Die Chancen, unerkannt zu bleiben, sind gering. Allein in Kalkutta hängen für "10:10" Tausende Plakate, auf denen Claudia Ciesla schulterfrei geheimnisvoll lächelt.

Der Kellner im "Swargat" fragt, ob alles recht sei, und Claudia Ciesla sagt etwas Nettes auf Hindi. In den Filmen spricht sie Englisch - noch. "Für Hauptrollen muss man Hindi lernen", sagt sie. Darum lerne sie nun diese Sprache. "Ich stehe doch noch ganz am Anfang", sagt sie.

In Indien sei alles ein wenig anders, "die großen Namen der Branche sind fast Heilige". Als der westbengalische Star Soumitrada Chatterjee zum ersten Drehtag von "10:10" erschien, fielen die übrigen Darsteller zu Boden und berührten seine die Füße. Der Bamberger Export tat es ihnen nach, und Soumitrada hat sie dann gesegnet. So ist das in Indien. Den Megastar der Branche, Shah Rukh Khan, hat sie noch nie getroffen, was die indischen Medien aber nicht davon abhielt, ihnen ein Verhältnis anzudichten. Das sei eben Indien, alles ein wenig theatralischer, es gehe immer um die ganz großen Gefühle.

Nun aber klingelte vor einer Weile das Telefon vom anderen Kontinent. Uwe Boll, Regisseur umstrittener Güte mit einer beachtlichen Sammlung goldener Himbeeren, möchte sie für eine Nebenrolle verpflichten. An der Seite von Buzz Aldrin, dem zweiten Mann auf dem Mond, soll sie in "Silent Night in Algona" ein polnisches, jüdisches Mädchen spielen, das dem Holocaust entkommen und in die USA geflohen ist. Gedreht wird in der konkurrierenden Traumfabrik, in Hollywood. In Indien habe sie das noch keinem erzählt, sagt Claudia Ciesla. Sie müsse das ihren Freunden schonend beibringen.

© SZ vom 21.01.2009/bre - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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