Rauchen und seine Folgeschäden:Ex-Rauchers Restrisiko

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Opa hat doch auch täglich eine Schachtel geraucht und ist 90 geworden. Alles Schönrederei! Wissenschaftler zeigen, wie schnell nach dem Aufhören das Gesundheitsrisiko sinkt.

Werner Bartens

Wenn Raucher sich schönrechnen, welche Gesundheitsgefahr und Lebensverkürzung ihnen durch den Tabakkonsum droht, sieht das typischerweise so aus: Das Risiko veranschlagen sie gleich null, denn der Großonkel hat schließlich auch täglich zwei Packungen Zigaretten geraucht und ist 90 Jahre alt geworden.

(Foto: Foto: iStockphotos)

Warum also sollte man trotz des eigenen erheblichen Nikotinkonsums nicht ein ähnliches Alter erreichen? Mediziner aus den USA bieten jetzt etwas komplexere Rechenbeispiele an, um die Risiken für Raucher und Ex-Raucher zu erfassen. Epidemiologen um Stacey Kenfield belegen im Journal of the American Medical Association mit umfangreichen neuen Daten, wie groß die Wahrscheinlichkeit für Raucher und Ex-Raucher tatsächlich ist, früh zu sterben (Bd.299, S.2037, 2008).

Wichtigstes Fazit: Bei unterschiedlichen Krankheiten, die zum vorzeitigen Tod führen können, dauert es auch unterschiedlich lange, bis das Risiko auf das Niveau von Nichtrauchern sinkt.

Nie mehr unbelastet

Die Harvard-Mediziner haben detailliert die Risiken für verschiedene Erkrankungen berechnet, die häufig auf Tabak-Missbrauch zurückzuführen sind. Dazu benutzten sie die Daten aus der Nurses' Health Study, in der von 1980 bis 2004 mehr als 100.000 Krankenschwestern untersucht und befragt worden sind.

Insgesamt zeigen die Auswertungen, dass 64 Prozent aller Todesfälle unter Rauchern und 28 Prozent aller Todesfälle unter ehemaligen Rauchern auf den Nikotinkonsum zurückzuführen sind. Das Risiko, frühzeitig zu sterben, geht in den ersten fünf Jahren nach Beendigung des Tabakkonsums demnach um insgesamt 13 Prozent zurück.

Besonders schnell sinkt in den ersten fünf Jahren der Nikotin-Abstinenz das Risiko für Herzkreislauf-Erkrankungen. "Gerade für Verstopfungen der Kranzgefäße, Infarkte und Schlaganfälle geht die Gefahr in dieser Zeit stark zurück", sagt Stacey Kenfield. So ist das Risiko, an einem Herzinfarkt zu sterben, nach fünf Jahren Abstinenz bereits um fast zwei Drittel verringert. Die Wahrscheinlichkeit für Ex-Raucher, an einem Schlaganfall zu sterben, ist fünf Jahre nach der letzten Zigarette um 42 Prozent gesunken. So unbelastet wie die Herzen und Adern von Nichtrauchern sind jene ehemaliger Raucher aber erst wieder nach etwa 20 Jahren ohne Zigaretten.

Das Risiko für Lungenerkrankungen sinkt hingegen in den ersten fünf Jahren, nachdem das Rauchen beendet wurde, nicht so stark. So wird die Wahrscheinlichkeit, an Lungenkrebs zu sterben, nur um 21 Prozent gesenkt. Selbst 30 Jahre nach dem Ende des Tabakkonsums ist die Wahrscheinlichkeit für einen Tod durch Lungenkrebs erst um 87 Prozent gesunken und damit immer noch nicht auf dem Niveau eines Gleichaltrigen, der nie geraucht hat.

Doppelt so viele Tote

Bei Giftstoffen, wie sie im Tabak enthalten sind, vermuten Wissenschaftler zumeist, dass der Schaden proportional mit der Dosis wächst. Tatsächlich stieg die Wahrscheinlichkeit, an einem Lungenleiden zu sterben, mit jeder Zigarette auch stärker an.

Bei Herzinfarkten und Schlaganfällen war dieser Effekt jedoch längst nicht so ausgeprägt. "Wahrscheinlich lassen schon die ersten paar Zigaretten das Risiko stark ansteigen", schlussfolgern die Autoren.

Immer wieder werden auch andere Tumorerkrankungen als Lungenkrebs und Krebs der Speiseröhre auf das Rauchen zurückgeführt. Die Analyse der Harvard-Epidemiologen zeigte, dass Nikotin-Konsum das Risiko für Dick- und Enddarmkrebs erhöht.

Eine gesteigerte Gefahr für Raucherinnen, an Eierstockkrebs zu erkranken, ließ sich allerdings - anders als gelegentlich von Medizinern vermutet - in dieser Studie nicht feststellen.

Weltweit gingen im Jahr 2000 etwa fünf Millionen vorzeitige Todesfälle auf das Rauchen zurück. Die Weltgesundheitsorganisation WHO schätzt, dass sich diese Zahl bis zum Jahr 2030 verdoppelt haben wird - und dann etwa drei Millionen Menschen in den Industrienationen und sieben Millionen Menschen in den Entwicklungsländern vorzeitig an den Folgen ihres Tabakkonsums sterben werden. Auch wenn die Daten dieser Studie an Frauen erhoben wurden, sei zu vermuten, dass die Männer nicht weniger gefährdet seien.

Die Mediziner verbinden ihre Untersuchung mit dem Appell, das Rauchen in jungen Jahren stärker einzuschränken und entsprechende Gesetze zu verschärfen. "Je jünger man mit dem Rauchen anfängt, desto größer ist das Risiko, frühzeitig zu sterben", sagt Meir Stampfer, Leiter der Arbeitsgruppe an der Harvard University. "Daher sind weitere Präventionsprogramme nötig, die sich auch auf Schulen erstrecken müssen." Die Aufklärung der Raucher über Risiken sowie engagierte Hilfe, dass sie das Rauchen erfolgreich beenden können, müsse endlich stärker zum Ziel der Gesundheitspolitik werden.

© SZ vom 7.5.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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