Psyche:"Wie finde ich einen guten Therapeuten?"

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Im SZ-Gesundheitsforum erklärten Experten, was bei der Suche nach der geeigneten Behandlung psychischer Probleme zu beachten ist.

Bei mehr als 17.000 Psychotherapeuten in Deutschland ist die Auswahl für die Patienten groß. "Wie finde ich einen guten Therapeuten?", lautete die wenig überraschende Frage aus dem mit 400 Zuhörern bis auf den letzten Platz besetzten SZ-Forum.

Professor Peter Henningsen vom Klinikum rechts der Isar findet die Frage berechtigt, weil es eine viel zu große Zahl von Therapeuten gebe, die ihre "eigentliche Power" nicht einsetzen und "häufig nur Small-Talk machen", sagte der tiefenpsychologisch ausgebildete Therapeut.

Aus diesem Grunde betonte er beim SZ-Gesundheitsforum, dass der Patient keine Scheu davor haben sollte, die so genannten "probatorischen Sitzungen" als Entscheidungshilfe zu nutzen. Demnach kann der Patient nach maximal fünf bis sieben Sitzungen den Therapeuten wechseln, wenn er das Gefühl hat, man passe nicht zusammen.

"Ich brauche das Gefühl, der packt es richtig an", erklärt Professor Martin Hautzinger vom Psychologischen Institut der Universität Tübingen. Er empfiehlt bei der Suche nach dem richtigen Therapeuten eine Art innere Checkliste: Macht der Therapeut konkrete Vorschläge?, Werden Ziele formuliert?, Klärt der Arzt über den Therapieverlauf auf?

"Wenn man nach vier Wochen keine Hoffnung spürt oder sich die Symptome nicht reduzieren, ist das eine schlechte Basis", so der Experte für Depressionen und Angstkrankheiten.

300 Stunden auf die Couch

Die Entscheidung für einen bestimmten Therapeuten ist folgenreich. Wenn das Stundenbudget verbraucht ist, die Beschwerden aber andauern, muss der Patient die Therapiestunden aus eigener Tasche bezahlen.

Zu der Suche nach dem richtigen Therapeuten kommt die Frage nach der am besten geeigneten Therapieform. Von den Krankenkassen werden zwei Grundformen der Psychotherapie unterschieden, die als Kassenleistung abgerechnet werden können: Tiefenpsychologie und Verhaltenstherapie.

Deutschland ist eines der wenigen Länder, die Psychotherapie überhaupt im Katalog der kassenärztlichen Leistungen führen - und das seit 39 Jahren. Selbst das Kürzungsprogramm der vergangenen Jahrzehnte haben Psychotherapeuten ohne Einbußen überstanden.

Beide Schulen unterscheiden sich durch ihre Methode. Das zeitaufwändigste Verfahren ist die von Freud begründete psychoanalytische Therapie. Bis zu 300 Stunden kann der Patient auf der Couch des Psychologen Platz nehmen, um psychische Störungen durch Analyse seiner Vergangenheit zu ergründen.

Pragmatischer gehen die Vertreter der Verhaltenstherapie vor. "Vergangen ist vergangen", sagte der Verhaltenstherapeut Hautzinger. Hier werden deutlich weniger Stunden angesetzt. Kernelemente sind auch so genannte Expositionen, wie die Fahrt mit dem Fahrstuhl für Menschen mit Platzangst und der Blick von der Brücke für Personen, die unter Höhenangst leiden.

Hans Förstl, TU München, verwies darauf, dass der Großteil der Patienten mit leichten psychischen Störungen von Hausärzten betreut werde, "und dies häufig mit gutem Erfolg". Der Hausarzt sei auch eine wichtige Entscheidungshilfe, ob eine Psychotherapie nötig ist.

© SZ vom 13.11.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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