Pro & Contra SUV:Volksbegehren gegen Stinker

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Für die einen unhaltbarer Klimakiller, für die anderen geliebtes Statussymbol. Die Schweizer diskutieren über ein Verbot von Luxus-Geländewagen.

Gerd Zitzelsberger

Jedes Volk rettet die Umwelt auf seine Weise: Die Engländer haben das Tragen echter Pelze geächtet, die Deutschen sortieren den Müll in so viele Eimer wie nirgends sonst, und die Schweizer sind Weltmeister beim Recycling von Flaschen, Dosen und Zeitungen.

Weder sicher, noch sauber, noch beeindruckend: Die Gegner von SUVs lassen kein gutes Haar an Hummer und aufgepumptem Porsche Cayenne. (Foto: Foto: oh)

Jedes Land hat aber auch seine Sünden, selbst die vorbildliche Schweiz. In keiner anderen europäischen Großstadt drängen sich so viele "Offroader" wie in Zürich. "Goldküsten-Panzer" heißen sie im Volksmund, weil ihre Besitzer vorzugsweise auf der besonders reichen Seite des Zürichsees wohnen.

Gemeint sind Autotypen wie Range Rover, Jeep Cherokee, Porsche Cayenne, Hummer oder VW Touareg, also großmotorisierte, überschwere Pseudo-Geländewagen.

Deren Besitzer wollen möglicherweise demonstrieren, dass sie neben der Stadtwohnung noch über einen Landsitz verfügen und sich in der Wildnis genauso bewegen können wie zwischen der Bankfiliale und dem Opernhaus. Inzwischen fahren so viele Luxus-Geländewagen durch die Schweizer Städte, dass sie nicht nur die Umweltbilanz trüben, sondern schon zum Ärgernis für Durchschnittsbürger werden.

Radikale Gegenmaßnahmen

Jetzt diskutieren die Eidgenossen radikale Gegenmaßnahmen: Personenwagen, die mehr als 2,2 Tonnen wiegen oder mehr als 250 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer in die Luft blasen, dürfen nicht mehr zugelassen werden, fordert eine Volksinitiative. Für bereits zugelassene Autos dieser Kategorie oder für die Offroader ausländischer Touristen müsse ein Tempolimit von 100 Stundenkilometern eingeführt werden.

Grüne, Umweltorganisationen und der "Fachverband der Fußgängerinnen und Fußgänger" haben für diese Initiative bereits 150.000 Unterschriften gesammelt. Demnächst wird das Schweizer Volk darüber abstimmen, möglicherweise bereits in der ersten Hälfte des nächsten Jahres.

Teile des Establishments sind entsetzt: Die Schweiz verlöre zweifellos an Attraktivität als Europas zentrales Altersheim für Multimillionäre. "Es wäre Ökoterror", wenn die Initiative Erfolg hätte, sagt Andreas Burgener vom Verband der Autoimporteure.

"Kein Ferrari, Maserati oder Rolls-Royce und nur noch wenige Porsche-Modelle" dürften dann künftig in der Schweiz zugelassen werden. Außerdem würde eine solche Einschränkung zu einem Handelsstreit mit der EU führen, argumentieren die Gegner. Selbst der linksliberale Zürcher Tages-Anzeiger stuft die Initiative als "ökologischen Populismus" ein.

Bislang waren die Schweizer generell Reglementierungen aller Art abhold. Doch der Vorstoß gegen die teuren, unökologischen Geländewagen ist nicht chancenlos: Ein Hauch mehr als die Hälfte sprach sich jüngst bei einer Meinungsumfrage für das Verbot aus.

Jetzt überlegt die Schweizer Regierung, ob sie mit höheren Importsteuern oder ähnlichen Maßnahmen der Volksinitiative zum Verbot der Luxusautos den Wind aus den Segeln nehmen soll.

© SZ vom 18.11.2008/mmk - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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