Neue Kreativchefin für Valentino:Bangen um die rote Robe

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Alessandra Facchinetti ist die neue Kreativchefin bei Valentino - und tritt dabei in die Fußstapfen des Meisters höchstpersönlich. Die Branche ist geteilter Meinung, ob sie die Erwartungen erfüllen wird.

Claudia Fromme

Es ist nicht so, dass Paris für Alessandra Facchinetti den roten Teppich auslegt. So tränenreich Stardesigner Valentino dort im Januar von Hollywood und Hochadel verabschiedet wurde, so kühl sieht man dem Debüt seiner Nachfolgerin entgegen. "Die Fußstapfen sind doch sehr groß", bemerkte unlängst Suzy Menkes, die gefürchtete Modekritikerin der International Herald Tribune.

Ungewisse Zukunft im Hause Valentino (Foto: Foto: AP)

Dass sie auf Vorschusslorbeeren nicht zu hoffen braucht, müsste Facchinetti klar sein, Kritik ist sie gewohnt. Sie habe nur daran gedacht, welche Pizza sie später essen werde, so wenig hätten sie Facchinettis Kreationen fesseln können, ätzte Cathy Horyn von der New York Times einmal über eines der früheren Defilées. An diesem Donnerstag nun zeigt Facchinetti bei den Pariser Prêt-à-Porter-Schauen ihre erste Kollektion für Valentino.

Kaum eine Personalie hat in der Modebranche für so viel Wirbel gesorgt wie die Ernennung der 35-Jährigen zur neuen Kreativchefin des Traditionshauses. Da ist auf der einen Seite Valentino Garavani, 75, der Jackie Kennedy einkleidete und Diven wie Sophia Loren mit roten Roben versah. Seinen Abschied nach 45 Jahren inszenierte er über Monate.

Die Neue ist umstritten

Auf der anderen Seite steht die bisher eher für ihre Schüchternheit als für ihre Schneiderkunst bekannte Facchinetti, die aus Bergamo stammt und die Mailänder Talentschmiede Istituto Marangoni absolvierte.

Ihre Karriere begann sie bei Prada, 2004 trat sie die Nachfolge Tom Fords bei Gucci an. Als ein Journalist die Debütantin direkt vor der Präsentation ihrer ersten Kollektion fragte, ob sie nicht nervös sei, da sie solch ein Erbe antrete, brach sie in Tränen aus. Zwei Saisons später warf Gucci sie hinaus. "Nett, aber unbedeutend", hatte die Modekritik zuvor ihre Arbeit bewertet. Zu sehr stand sie im Schatten von Stardesigner Ford, der dem Label neues Leben eingehaucht hatte. "Doing the Gucci" hieß es fortan, wenn ein junger Geist ein altes Modehaus aufmöbelte.

Ein wenig ist es wohl das, was sich die Valentino Fashion Group von Facchinetti erwartet, die nach ihrer Pleite bei Gucci der Luxussportmarke Moncler erfolgreich einen filigranen, femininen Stil verliehen hat. Einen Stil, der besser zu Valentino passt als zu Gucci. Etwas Verwegenheit erhofft man sich wohl auch. Schließlich spielte Vater Roby Facchinetti in der Rockband "I Pooh" im Italien der Sechziger, ihr Bruder rappt als DJ Francesco.

Vor allem finanziell baut Investor Permira, der die Valentino Fashion Group im vergangenen Jahr für 2,6 Milliarden Euro erwarb, auf die neue Chefin der Damenmode. Ist die typische Kundin des Hauses doch vermögend, aber Mitte Vierzig und für den Renditegeschmack der Eigner zu handverlesen. Dass Facchinetti über keine Erfahrung in der Haute Couture verfügt, die den Ruhm des Hauses Valentino maßgeblich prägte, stört offenbar keinen.

"Ich bin gereift, ich weiß, was ich will", sagte Facchinetti, als ihre Ernennung bekannt wurde. Zur Orientierung schmökerte sie vorsichtshalber im Archiv. Ihre erste Kollektion sei vom Valentino der Endsechziger inspiriert, ließ sie durchblicken. Der Ära Jackie Kennedys mit ihrer graphischen Eleganz also. Der von ihr so demonstrativ bewunderte Valentino hat bislang öffentlich kein Wort über seine Nachfolgerin verloren.

© SZ vom 28.02.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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