Madonna in Malawi:Diesmal ein Mädchen, bitte

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Madonna ist zurück in Afrika: In Malawi möchte sie eine Schwester für ihren Sohn David adoptieren. Eine gute Tat oder kulturimperialistisches Gehabe?

Arne Perras

Nun ist sie wieder eingeflogen mit ihrem Privatjet, und der ganze Rummel beginnt von vorne. Popstar Madonna will in Malawi ein zweites Kind adoptieren, am Montag erschien sie deshalb vor Gericht in der Hauptstadt Lilongwe. Eine Entscheidung fiel dabei noch nicht. Doch ihr Plan hat erneut heftige Debatten losgetreten.

Die Diva in Afrika: Madonna steht wegen ihrer Adoptionspläne in der Kritik. (Foto: Foto: AFP)

Im Jahr 2006 hatte die Sängerin mit großem Getöse den malawischen Jungen David Banda zu sich geholt, er ist nun drei Jahre alt. Vor wenigen Monaten erst wurde Madonna von ihrem Ehemann, dem Regisseur Guy Ritchie geschieden. Nun erklärte sie, dass viele Leute und auch ihre malawischen Freunde es gut fänden, wenn der adoptierte David ein afrikanisches Geschwisterchen bekäme.

Deshalb ist sie zurück in Afrika. Sie möchte diesmal ein Mädchen adoptieren. Es ist die vierjährige Chifundo James. Sie ist angeblich die Tochter einer 18-jährigen unverheirateten Mutter, die wenige Monate nach der Geburt des Babys starb.

Doch es ist in keiner Weise klar, ob die Familie des Mädchens nun glücklich über Madonnas Adoptionsversuch ist oder nicht. Die Signale sind widersprüchlich. Über den Vater, der offenbar noch am Leben ist, hört man nichts. Die Großmutter wurde in der britischen Presse mit dem Satz zitiert: "Das ist Diebstahl, ich lasse sie nicht gehen." Doch zuletzt hieß es wieder, die Familie habe der Adoption nun doch zugestimmt.

Alleinerziehende Pop-Ikone

Madonna hätte dann vier Kinder im Haus, David und Chifundo (englisch: Mercy) aus Malawi, sowie ihre leiblichen Nachkommen, Sohn Rocco, 8, und Tochter Lourdes, 12. Allerdings müssen die Richter nun auch berücksichtigen, dass die Pop-Ikone inzwischen alleinerziehend ist. Dies könnte das Verfahren noch komplizieren.

Das Kinderhilfswerk "Save the Children" drängte Madonna, ihren Plan noch einmal zu überdenken. Sie setze damit die falschen Signale. Der beste Platz für ein Kind sei immer noch die Großfamilie in seiner Heimat, und auch Waisenkinder hätten meist noch Verwandte, die sich um sie kümmern könnten, erklärte der Sprecher der Organisation Dominic Nutt. Es sei keine Lösung "jedes arme Kind in der Welt nach Kensington zu bringen".

Nur in Ausnahmefällen seien solche Adoptionen sinnvoll, wenn alle anderen Möglichkeiten, das Kind in der Heimat großzuziehen, fehlschlagen. "Internationale Adoptionen können das Problem verschärfen, das sie eigentlich lösen wollen", erklärte Nutt. "Die Existenz von Waisenhäusern ermutige arme Eltern, ihre Kinder aufzugeben in der Hoffnung, dass sie ein besseres Leben fänden".

Entwicklungsexperten haben darauf hingewiesen, dass der Aufbau von afrikanischen Waisenhäusern in speziellen Fällen zwar notwendig ist, etwa für Kranke und Behinderte, aber generell nicht die beste Strategie darstellt, weil Heime die Kinder aus der Gesellschaft lösen und oft isolieren. Daran ist sicher viel Wahres, doch ist es eben in manchen Fällen auch so, dass es die schützende Großfamilie selbst in Afrika nicht mehr gibt. Oder dass Kinder schlicht an den Rand gedrängt oder verstoßen werden.

Madonna beim "Kinder-Shopping"

Wird die Adoption dann nicht doch zur guten Tat? Das alles sind schwierige Fragen, und ihre Klärung erfordert im Einzelfall sehr viel Sorgfalt und Zeit. Noch komplizierter wird es jedoch, wenn ein Superstar vom Schlage Madonnas einschwebt, um ein armes afrikanisches Kind aus seinem mutmaßlichen Elend zu retten.

Dann ist Streit kaum noch abzuwenden, wie beim ersten Fall zu beobachten war. So hatte der leibliche Vater von David, ein armer malawischer Bauer, darüber geklagt, dass er seinen Sohn in drei Jahren nicht ein einziges Mal zu Gesicht bekommen hatte. Erst jetzt konnte er ihn wiedersehen, als Madonna mit ihrer Tochter Lourdes und ihrem Adoptivsohn einflog.

Vieles ist Madonna an den Kopf geworfen worden, als sie damals auszog, um den Jungen zu sich zu holen. Sogar von "Kinder-Shopping" war die Rede. Doch auch wenn die Schelte manchmal überzogen wirkte, so bleiben ernste Zweifel, ob die Kinderträume eines exzentrischen Superstars tatsächlich gut sind für Afrika, wie es wohlmeinende Klatsch-Blätter immer wieder betont haben.

Am schwersten wiegt bis heute der Einwand, dass Madonna mit ihrer fixen Idee ein kleines Land am Äquator überrumpelte, das bis dato noch keine ausgefeilten Adoptionsgesetze über die Grenzen hinweg kannte.

Dennoch beugte sich Malawi dem Druck der Pop-Diva. Darin liegt das eigentliche Drama, und es hat kulturimperialistische Züge: Madonna wollte David adoptieren, und zwar so schnell wie möglich. Ihn hatte sie auf einer Filmaufnahme entdeckt und war sofort "wie verzaubert von ihm". Fortan war er der Auserwählte. Also musste Malawi alles so rasch wie möglich einrichten, damit der Star aus Übersee zufrieden war.

Regeln wurden im Laufe des Verfahrens gebrochen, Ausnahmen für Madonna gemacht. Die Diva blieb Herrin des Verfahrens, dank ihrer Berühmtheit und wohl auch dank ihrer finanziellen Hilfsversprechen, mit denen sie sich in einem armen Land wie Malawi immer Gehör verschaffen kann.

© SZ vom 31.03.2009/bre - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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