Lokaltermin:Ramen Bar Zipang

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In Hamburg-Eimsbüttel hat das erste japanische Nudel-Lokal der Stadt eröffnet. Das Warten lohnt sich. Nur, bitte: niemals schlürfen!

Von Stevan Paul

Tumultartige Zustände schon am Empfang. Die "Ramen Bar Zipang" ist nur ein kleines Souterrain-Lokal, doch immer mehr Menschen drängen jetzt hinein, es ist Tag zwei nach Eröffnung und alle wollen Ramen: Die dampfenden, würzigen Nudelsuppen mit den unterschiedlichsten Beilagen waren ursprünglich in China Tradition, heute gehören sie in Japan zum Alltag und bilden neben Sushi, Sashimi und der Tempura-Kunst eine tragende Säule der japanischen Küche. Mit Nudeln beginnt der Tag, und er kann auch mit Nudelsuppe beendet werden. Die Suppen sollen löffelweise Energie spenden und sind (zumindest in Japan selbst) oft ein kulinarischer Glücksfall. Mittlerweile erfreuen sich Ramen Bars auch in Europa größter Beliebtheit. Und endlich hat auch Hamburg eine, das "Tor zur Welt" klemmt ja bisweilen ein wenig.

Der Vorraum erinnert an einen Tokioter U-Bahn-Waggon zur Hauptverkehrszeit, viel Geduld ist gefragt. Erst nach längerem Warten auf einen Tisch betreten wir das spartanisch eingerichtete Lokal; warme Brauntöne, gedämpftes Licht, man sitzt auf Holzbänken mit Tatamimatten. Nach einem erfrischenden Grüntee-Highball gibt es vorweg Yaki Gyoza: gedämpft-gebratene Teigtaschen, gefüllt mit Weißkohl, Schweinefleisch und Frühlingszwiebeln (4,90 Euro), die so schmecken wie in Japan.

Daneben werden Nitamago serviert, in Sojasauce und Sake eingelegte, halbgekochte Eier (3,40 Euro). Alles eine geradezu begeisternde, feinwürzige Angelegenheit, die Eier sind perfekt gegart, der Dotter cremig-flüssig, man ahnt einen Hauch von Sojasauce, dazu schmeckt Algensalat mit Frühlingszwiebeln. Auch die knusprig frittierten Hähnchenteile Karaage (aus ausgelöstem Keulenfleisch) sind butterzart, die Teighülle ist relativ dick, aber genau das ist von Vorteil, sie hat einen tollen Knusper und ist mutig gesalzen (5,90 €). Der dazu gereichte Miso-Dip macht die einfache Vorspeise rund und ungekannt köstlich.

In der Küche stehen - verfolgt von den neugierigen Blicken der Gäste - die japanischen Köche Herr Naraoka und Frau Okada, beide offenkundig ganz der Authentizität und der Tradition verpflichtet. In Japan lacht man höflich über die dreijährige deutsche Kochausbildung. Haben die Japaner doch die Idee des lebenslangen Lernens perfektioniert wie kaum jemand sonst, und das heißt vor allem: sich lebenslang zu spezialisieren. Das Credo der Köche: Mache nur eine Sache, aber die richtig. Gewinne die Meisterschaft in deiner Disziplin.

Das merkt man auch in der Bar Zipang: Nie würde es dem Tempura-Meister einfallen, nebenbei noch Ramen-Suppen zu kochen, und der Sushi-Meister macht Sushi und sonst nichts. Dafür in Perfektion. Herr Naraoka und Frau Okada beweisen indes ihre Meisterschaft in der Ramennudel-Herstellung, die Vorspeisen (Ippin, "kleine Gerichte") sind nur eine Fingerübung gegen den ersten Hunger, denn das Studium der Suppen-Karte erfordert Zeit.

Die hausgemachten Nudeln baden in höchst unterschiedlichen Brühen und werden mit verschiedenen Beilagen kombiniert (9,90-15,40 Euro). Zunächst aber müssen die Basis-Brühen über zwei Tage simmernd ihren großen Geschmack entfalten: Er entsteht aus Zutaten wie Schweinefond, Huhn, Gemüse, Dashi-Flocken und Seetang. Drei Grundarten der Suppe gibt es: Shio-Ramen (auf Meersalz-Basis), Shoyu-Ramen (auf Basis verschiedener Sojasaucen) und Miso-Ramen (auf Basis fermentierter Sojabohnen-Miso-Pasten) - dazu Topping aus feinen Scheiben von Schweinefleisch (Chasuh), Pak Choi, Frühlingszwiebeln, Bambussprossenscheiben und Naruto (weiße Fischfarce mit rötlichem Strudel, schmeckt ein wenig nach nichts).

Die Suppen kommen in riesigen Portionen mit einem Berg Nudeln in der Brühe, und sie schmecken hier unglaublich dicht und aromatisch. Die Brühen sind beinahe schon cremig, die Nudeln haben einen wunderbaren Biss, und man schwitzt enorm beim Essen. Die japanischen Besucher haben daher kleine Tücher dabei, mit denen sie sich regelmäßig über die Stirn wischen, ohne mit dem Essen zu pausieren. Das berühmte Schlürfen gehört übrigens selbst in Japan heute - entgegen anderslautenden Gerüchten - weder zur guten Kinderstube noch zum guten Ton. Ganz lautlos geht es leider trotzdem nicht.

Beim zweiten Besuch bestelle ich Corn Butter Shio-Ramen - mit Mais und zwei Stückchen Butter, die sich langsam im eh schon gehaltvollen Sud auflösen. Das ist also eher nach umfangreichen Gartenarbeiten oder einem Marathon zu empfehlen. Auf der Karte finden sich zudem gebratene Yakisoba-Nudeln, gebratener Reis, eine vegetarische Miso Ramensuppe (ist leider bereits um 20 Uhr ausverkauft) sowie diverse Reisschalen mit Schweinefleisch oder paniertem Schnitzel (Katsu). Zu trinken gibt es neben Softdrinks und Bier natürlich warmen und kalten Sake (sehr empfehlenswert!) sowie erfrischenden wie süffigen Pflaumenlikör mit Soda. Bei den Weinen (nur einmal rot, einmal weiß, keine Gutsabfüllungen) ließe sich hingegen einiges verbessern, denn für die japanische Küche gibt es großartige Begleitungen.

Die Ramen Bar Zipang ist in ihrer ersten Woche überrannt worden, doch einmal abgesehen von der wartenden Menschentraube im Vorraum, war davon im Lokal nichts zu merken. Der Service ist freundlich und aufmerksam, das Tempo beachtlich. Um Gemütlichkeit geht es hier ja auch nicht. In Japan ist die Nudelsuppe, bei aller Güte, ein schnelles Alltagsgericht.

Am Eppendorfer Weg ist man bereits am Rande seiner Kapazitäten und sucht Personal. Die Ausgabe der Suppen beschränkt sich auf derzeit 90 Portionen (es wäre gegen die Tradition, für mehr Masse auf Klasse zu verzichten!), zudem ist nur abends geöffnet, und man kann nicht reservieren. Es empfiehlt sich also, stets etwas vor dem Ansturm zu den üblichen Abendessenszeiten da zu sein. Oder später, alle Tische werden mehrfach belegt. Nur besteht dann die Gefahr, dass Suppen aus sind. Auf keinen Fall darf man vergessen, sich mit Betreten des Vorraums in die Liste auf der Ablage vor dem Küchenfenster einzutragen. Nur in dieser Reihenfolge werden die Gäste an frei werdende Tische gerufen!

© SZ vom 18.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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