Kostprobe Kakao:Schokolade zum Frühstück

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Kakao mit Lavendel, Bergamotte oder Orange: Die Mixturen des Kakaofabrikanten Michael Beck erzeugen bisweilen Schwindelgefühle, aber auch kindliches Wohlgefühl. Eine Kostprobe.

Katharina Höller

Meine Oma sagte immer: "Kaba ist gesund." Mir grummelte er im Magen. Das Gebräu schmeckte klebrig und süß und ich war nicht besonders scharf darauf, jeden Abend vor dem Schlafen davon schlürfen zu dürfen.

Das "b-cocoa" ist die erste Kakao-Bar Münchens. (Foto: Foto: Becks Cocoa)

Mittlerweile bin ich auf Kaffee umgestiegen und Oma hat keinen Einfluss mehr auf mein Trinkverhalten. Doch auch in der Kakaoindustrie hat sich vieles gewandelt: Das braune Pulver dient allenfalls als Basis - der Rest ist der Phantasie des Herstellers überlassen. Der Kakaofabrikant Michael Beck von "Becks Cocoa" scheint jede Menge davon zu besitzen. Im "b-cocoa", der ersten Kakao-Bar Münchens, gibt es die abenteuerlichsten Kreationen.

Es warten so verlockende Aromen wie Minze, Lavendel, Orange oder weißer Kakao mit Grüntee. Im ersten dampfenden Becher, der den neugierigen Besuchern gereicht wird, schlummert das sogenannte "Drachenherz" aus Kakao und Bergamotte. Die Zitrusfrucht wächst eigentlich nur in Kalabrien und erinnert ein bisschen an den Geschmack von Earl Grey. Kaum gesüßt, kommt die Intensität der Schokolade zum Vorschein, die im Abgang einen herben Hauch von Bergamotte hinterlässt.

Eine Kakao-Verkostung ähnelt nicht nur atmosphärisch einer Weinprobe. Die Geschmacksnuancen klingen vielversprechend, sind mit ungeübter Zunge aber nur zu erahnen. "Das soll so sein", sagt Michael Beck. Der Firmengründer will den Charakter der Schokolade nicht schmälern, sondern bereichern. Deshalb ist der Kakao-Anteil in seinen Kombinationen immer wesentlich höher. Die besondere Note bleibt im Hintergrund.

Dieses Loslassen zeugt von wahrer Liebe. Und die empfindet der Münchner schon lange für das Schokoladen-Getränk. Gegründet hat er seine Kakao-Mischerei vor nunmehr elf Jahren. Eine Idee, die aus der Not geboren wurde, denn niemand konnte Becks Bedürfnis nach besonderem Kakao befriedigen. "Hätte es etwas Ähnliches gegeben, ich wäre nie darauf gekommen, eine Firma zu gründen. Das Hobby wurde aber erst allmählich zum Beruf." Michael Beck musste scheinbar als Kind keinen klebrigen Kaba vor dem Einschlafen trinken.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, wie Beck zum Kakaomischer wurde.

Mixturen in der Teigmaschine

Die Erfinder der Kakaovariation: Michael Beck und Doris Gass. (Foto: Foto: Becks Cocoa)

Freunde, die eine Bäckerei besitzen, ließen Beck am Wochenende in ihrer Backstube experimentieren. "Ich habe Kakaobohnen gemahlen und das Pulver mit verschiedenen Aromen in einer Teigmaschine zusammengemischt. Danach musste ich stundenlang putzen, damit die Besitzer am Montag die Backstube wieder nutzen konnten." Mittlerweile ist die Produktion der kleinen Bäckerei entwachsen und nach Augsburg ausgelagert. Ungefähr 100.000 Päckchen verlassen jeden Monat die Produktion. Sie kosten circa sechs Euro im Laden.

Das besondere Geschmackserlebnis gibt's jedoch nur in speziellen Feinkost- und Schokoladenläden, der Lebensmitteleinzelhandel wurde vom Chef ganz bewusst nicht anvisiert: "Dort sind nur Kunden, die für derartige Specials keine Zeit und keine Muße haben. Sie wollen ihren wöchentlichen Einkauf erledigen und denken dabei nicht an Genuss." Dafür gibt es genügend andere, die sich inzwischen von "Becks Cocoas" Milchmix-Getränk überzeugen ließen. Die ersten Fans waren - völlig überraschend - ältere Herren. "Die haben ihre Ehefrauen vorgeschickt, damit sie ihnen vom Einkaufen frisches braunes Pulver mitbringen."

Jetzt sitzen die Freunde der ersten Stunde im "b-cocoa", der ersten Kakao-Bar Münchens und fachsimpeln über die verschiedenen neuen Geschmacksrichtungen. "An den Gästen in meiner Bar teste ich auch gerne neue Sorten", erzählt Beck. Das kleine Café im Münchner Westend war eigentlich als Showroom für Einkäufer gedacht, doch es entwickelt sich zum Treffpunkt für Schokoladen-Liebhaber und fördert den direkten Konrakt zu den Kunden. Anregungen sind jedoch nur bedingt erwünscht: "Ich würde nie einen Kakao kreieren, nur um die Wünsche der Leute zu erfüllen. Wenn jemand diese oder jene Geschmacksrichtung haben will, bleibe ich meistens stur. Es sei denn, ich bin selbst davon überzeugt."

Duftstoffe kommen an

Die Bergamotte führt indes auch bei den Versuchskanichen zu anerkennendem Kopfnicken. Mit Kinder-Kaba hat das wirklich nichts zu tun. Heißt das, alle lieben "Becks Cocoa"? Nein, noch nicht. Die Gastronomie zum Beispiel wollte den Kakao-Trend anfangs so gar nicht zulassen. Und auch heute sind es nur wenige spezielle Lokalitäten, in denen "Cocoa"-Sorten serviert werden. Eine experimentierfreudige Auswahl treffen dabei die jungen, hippen Cafés, in denen Besucher schonmal vom "Silent Green"- oder "White Wedding"-Kakao kosten können.

Für weiteren Aufwind soll die Entwicklung von Rezepten sorgen, die so interessante Kreationen hervorbringt wie den Whiskey-Wasabi-Cocktail. Der "alte-Herren-Kakao" Wasabi ergänzt sich hervorragend mit dem rauhen, holzigen Aroma von Whiskey, der ja gemeinhin auch von reiferen Männern geschätzt wird. Schade nur, dass die vom Tag ermatteten Probanden keine alkoholische Variante kosten durften.

Dafür gab es einen trendigen Smoothie der Sorte "Silent Green", der in Kombination mit Vanilleeis und Kokosmilch tatsächlich eine Offenbarung für den Gaumen bot. Ebenfalls beeindruckend, aber altbekannt, ist das Chili-Aroma. Der Chef selbst ist vom Dauerbrenner allerdings nicht mehr so angetan: "Chili mit Schokolade ist keine revolutionäre Mischung. Das gibt es mittlerweile fast überall, sowohl flüssig als auch zum Essen." Das besondere am "Cocoa"-Chilli ist dafür, dass Michael Beck versucht, den leichten Paprika-Geschmack der Chilli zu eliminieren und nur die Schärfe zu erhalten.

Lesen Sie weiter, was vom Pulver übrig bleibt.

Kein Hunger und eine belegte Zunge

Auch wenn's dem Liebhaber zu phantasielos ist - Orange und Chilli gehören beim Kunden zu den beliebtesten Sorten. Das Risiko für die Zunge hält sich in Grenzen, der potentielle Trinker kann nur wenig falsch machen. Meine eigenen Geschmacksnerven erreicht die sehr zaghafte Orangen-Note allerdings nicht. Schmeckt leider nur intensiv nach Kakao, obwohl der klangvolle Name "A Chockwork Orange" eindeutig mehr verspricht. Doch um diese edle Zurückhaltung geht es Beck, seine Zunge findet andere aromatisierte Schokoladen häufig zu aufdringlich.

Das selbst ernannte "enfant terrible der Schokoladenszene" ist von den Verkaufsschlagern mittlerweile gelangweilt. Er verliert sein Herz an Exoten, erfreut sich an neuen Mixturen, die unerwartet glücken und schmecken. Die Bergamotte gehört zu Michael Becks Lieblingsvariationen, genauso wie der Lavendel. "Kein Mensch hätte gedacht, dass Pflanzen, die eigentlich zu Duftstoffen verarbeitet werden, zusammen mit Kakao so gut schmecken." Die Begeisterungsfähigkeit des großen Meisters für seine Kreationen steckt an.

Am Ende der Verkostung ist die Zunge ein wenig pelzig. Dafür ist der Hunger weg und eine wohlige Müdigkeit macht sich breit. Wie bei einer Weinprobe, irgendwie.

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