Kolumne: Mein Bauch gehört mir:Strippen fürs Traumgewicht

Lesezeit: 4 min

Unser Autor hat das Video "Aerobic Striptease" von Carmen Electra ausprobiert - und musste ihr danach sofort einen Liebesbrief schreiben.

Jürgen Schmieder

Es gibt nur zwei Menschen auf der Welt, denen ich schon immer einen Fanbrief schreiben möchte. Der eine ist David Hasselhoff. Er hat meine Kindheit versaut, weil seit "Knight Rider" klar war, dass ein Mann Medusa-mäßige Brusthaare, ein Grob-Ripp-Unterhemd der Marke "Karl-Heinz bei der Sportschau" und ein sprechendes Auto haben musste. Untersetzte Streber mit klapprigem Fahrrad waren out.

Tanzen fürs Traumgewicht. Nicht im Bild: ich. (Foto: N/A)

Dann kam meine Teenager-Zeit: rote Speedo-Badehosen im Kleinstadt-Schwimmbad. Kein Wunder, dass sich nie jemand wie Pamela Anderson mit mir beschäftigte. Und jetzt hat er auch noch die Hauptrolle in meinem Lieblings-Musical "The Producers". Hasselhoff am Broadway.

Das mit der Hasspost hat sich allerdings erledigt, seit Hasselhoff von seiner Tochter gefilmt wurde - unfähig, einen Burger zu essen. Da ist kein Brief mehr nötig, er erledigt sich selbst.

Die andere Person ist Carmen Electra. Für sie kein Hass-, sondern ein Liebesbrief. Und da ich mir in dieser Woche vorgenommen habe, Pfunde mit "Striptease Aerobic" zu verlieren und mir dafür ein Video von Miss Electra bestellt habe, habe ich nun endlich den Mut, diesen Brief zu verfassen:

Liebe Carmen,

ich darf doch Carmen sagen? Ich habe gestern Abend Deine DVD gesehen. Ich muss dringend Pfunde verlieren, deshalb probiere ich seit Anfang Januar jede Woche eine neue Diät. Ist gar nicht so einfach, weil nun ständig Leute kommen und mir sagen, warum ich es sowieso nicht schaffe. Bei jeder Mahlzeit in der Kabine tippt mir einer auf den Bauch, neulich sagte sogar einer: "Ungesund siehst du aus, seit du abnimmst!"

Tja, liebe Carmen, nun kennen mich auf einmal ein paar Leute, nur weil ich zu fett bin und abnehmen möchte. Das habe ich mir im Alter von 15 auch anders vorgestellt. Ich dachte, ich würde Krebs heilen, den Pulitzer-Preis gewinnen - oder wenigstens in der Bundesliga kicken. Habe ich alles nicht geschafft. Und natürlich wollte ich mit Dir verheiratet sein. Hat auch nicht geklappt.

Jetzt bin ich 27, zu dick, kein Rockstar, kein berühmter Arzt - und muss Dir im Fernsehen dabei zusehen, wie Du mit zwei Kolleginnen die Hüften schwingst. Toll finde ich, dass Du - obwohl es "Strip Aerobic" heißt - die Klamotten anbehältst. Das gibt der Sache einen seriösen Touch, finde ich.

Also, die erste Übung sieht ja noch einfach aus: Du machst vier Schritte nach vorne. Aber DU machst diese vier Schritte nach vorne nicht so, wie ICH vier Schritte nach vorne machen würde. Du setzt einen Fuß genau vor den anderen, Deine Hüften pendeln dabei hin und her wie eine Dschunke auf dem Mekong. Bei mir pendelt da gar nichts.

Dann streifst Du Dir mit den Händen über den Oberkörper und drehst Deinen Kopf. Deine Haare fliegen und man muss Angst bekommen, dass Du eine Deiner Kolleginnen damit peitscht. Ich habe das auch ausprobiert, aber wie Du siehst, fliegen meine Haare nicht. Sie wehen nicht einmal mehr.

Ich sehe Deine nächste Übung: den Slap. Du stellst ein Bein neben das andere, stemmst die Hände in die Hüfte und schiebst sie ganz weit nach links. Dann schlägst Du Dir mit der offenen Hand auf den Hintern. Soll ich Dir was sagen, liebe Carmen? Bei Dir macht es "Plitsch!", wenn Du Dich selbst versohlst. Bei mir gibt es ein Geräusch, wie wenn man auf ein Wasserbett schlägt.

Danach führst Du eine Bewegung aus, die - so glaube ich jedenfalls - nur für Frauen erfunden wurde. Du schiebst Deinen Oberkörper nach hinten, rollst die Schultern nach vorne, dann die Brust, am Ende hast Du den Kopf zwischen den Knöcheln und stehst da wie ein Klappmesser. Sieht prima aus, liebe Carmen. Aber habe ich schon erwähnt, dass meine Körpermitte diese Haltung nicht zulässt?

Ich bin so beweglich wie ein gestrandeter Wal auf Valium. Die Gruppe "Anonyme Grobmotoriker" haben mich gerade zum Ehrenmitglied ernannt. Wenn ich also diese "Rolls" ausprobiere, sieht es aus, als würde ich nach der fünften Maß auf dem Oktoberfest auf dem Tisch tanzen. Sexy ist das nicht.

Und dann machst Du noch diese Greif-Bewegungen! Zuerst mit der linken Hand an die Hüfte, dann die rechte ans Knie, dann die linke an den Knöchel, dann die rechte auf den Boden. Dabei stehst Du breitbeinig da und berührst mit Deinem Kopf den Boden. Weißt Du, wie das aussieht, wenn ich das mache? Ich komme nicht einmal mit den Händen auf den Boden, der Kopf ist auf einer Höhe mit meinem Bauch. Weiter runter geht's nicht. Und mein Rücken macht dabei auch Geräusche, die zufälligerweise genau zum Takt der psychodelischen Musik im Hintergrund passen.

Liebe Carmen, nur damit wir uns verstehen: Dein Workout ist prima, nur leider für schlanke Frauen gemacht. Könntest Du nicht eine DVD herausbringen unter dem Titel "Strip Aerobic für peinliche Männer"? Im Hintergrund könnte doch dann David Hasselhoff tanzen ...

Es grüßt Dich herzlichst

Dein Jürgen

Ach ja, noch was: Gestern Abend hat meine Frau die DVD entdeckt, sie sich angesehen und danach im Schalfzimmer vorgeführt. Ich kann nur sagen: Danke, Carmen, danke!

--- So, nun aber ab auf die Waage, ob das auch was gebracht hat: 90 Kilo! Jawohl! Wusste ich doch, dass Carmen mir hilft. Nun heißt es: Gewicht halten und vielleicht noch ein bisschen runter. Die "8" muss stehen!

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