Kolumne: Mein Bauch gehört mir!:Gott sei Dank: Ich bin krank!

Lesezeit: 3 min

Unser Autor will die Brigitte-Diät testen und wird plötzlich krank. Also muss er eine Woche lang auf sein "Projekt Sixpack" verzichten - mit einem erstaunlichen Ergebnis.

Jürgen Schmieder

Ja, ich weiß: Die Kolumne der vergangenen Woche war voller Vorurteile. Der Mann will sich anständig ernähren, hat natürlich keine Ahnung davon und ernet den strafenden Blick der Ehefrau. Sie achtet auf Gesundheit. War ja klar! Was soll man also als wild entschlossener Abnehm-Junkie tun, wenn ein Teil der Leser mitfühlen kann ("Den Blick kenne ich!"), der andere sich über die Klischeehaftigkeit einer Ehe ("Das war ja zu erwarten!") aufregt?

Es gibt zwei Möglichkeiten: Man entschuldigt sich brav bei dem einen Teil der Leser - was ich hiermit tue - und zwinkert dem anderen zu - was ich hiermit auch tue. Oder man geht in die Offensive und damit dahin, wo es wirklich weh tut: Man leiht sich von den lieben Kolleginnen des Lifestyle-Ressorts die Januar-Ausgabe der Zeitschrift "Brigitte" aus. Auf dem Titel steht in riesigen Lettern: "Die neue Brigitte-Diät - die Diät, die in Ihr Leben passt."

Geht's noch klischeehafter? Ein Mann mit ausgeprägtem Hang zum Masochismus und einer Allergie gegen Weisheiten aus Frauenzeitschriften will die wohl bekannteste Frauen-Diät ausprobieren und darüber schreiben. Na, auf die Leserpost bin ich mal gespannt.

Mein Ziel ist der "2-Wochen-Plan für alle, die nicht kochen wollen". Ich habe mir schon Eierpfannkuchen, Actimel, Gulaschpfanne und eine Steinofen-Pizza gekauft. Doch gleich am Morgen des ersten Tages der Schock: Eine Grippe streckt mich darnieder. Um mich aus dem Bett zu bewegen, wäre ein Kran oder eine Hebebühne nötig gewesen.

Die Sache hat aber auch etwas Gutes. Mein Hausarzt sagt bei der Untersuchung: "Sie müssen viel trinken, viel schlafen. Von einer Diät ist im Moment eher abzuraten."

Boxen mit dem Feuilleton-Chef

Tja. Da hatte ich mich schon gefreut, 99 Prozent aller Mann-Frau-Klischees einzupacken und in diese Kolumne einzuwickeln. Ich hätte mich ausgelassen über Frauenzeischriften, Problemzonen und grinsende Titelblatt-Damen. Huiuiui, das wäre ein voller Briefkasten geworden.

So aber habe ich endlich einmal Zeit, mich in aller Ruhe umzusehen, welche Diäten ich der nächsten Zeit so in Angriff nehmen könnte: die Astro-Diät, den Vibro-Shape-Bauch-Weg-Rüttler, Box-Training mit dem neuen Feuilleton-Chef.

Also ab ins Internet. Und was sehe ich? Einen Bericht über Forscher der Standford-Universität, die vier prominente Diäten verglichen haben: Die Atkins-Diät - benannt nach ihrem Erfinder Robert Atkins - basiert auf der Überzeugung, dass man durch eine kohlenhydrat-arme Diät den Körper zwingen muss, das überschüssige Fett zu verbrennen. Dann die LEARN-Gruppe: Wenig Fett, viele Kohlenhydrate lautet hier die Formel.

Dazu die Ornish-Diät. Diese Diät soll zudem gegen Bluthochdruck und zu hohen Cholesterinspiegel wirken und setzt auf Obst, Gemüse und Getreideprodukte auf den Speiseplan. Und zuletzt die Zone-Diät, nach ihrem Initiator Barry Sears auch Sears-Diät genannt. Diese Diät ist arm an Kohlenhydraten und verlangt vom Teilnehmer, jeden Tag anteilig 30 Prozent Eiweiß, 30 Prozent Fett und 40 Prozent Kohlenhydrate zu sich zu nehmen.

Das Ergebnis der Wissenschaftler: Die richtige Diät ist nicht alles. Um den Erfolg beim Abnehmen zu vergrößern, sind den Forschern zufolge weitere Maßnahmen wie beispielsweise regelmäßige körperliche Bewegung notwendig.

Als ich das las, musste ich zwischen all dem Husten und Schniefen auch ein wenig schmunzeln. Die Forscher belegen also in einer Studie meine amateurhafte These: Es gibt nicht zwingend die eine supertolle Mega-Diät, die Allheilmittel gegen den Bierwanst und die Speckhüften. Ich fühle mich bestätigt in meiner "Abwechslungs-Diät": Jede Woche was anderes und am Schluss mal sehen, was dabei rauskommt.

Ach ja, ich wollte ja eigentlich von Klischees berichten. Das kann ich auch ohne Brigitte-Diät. Ich liege nämlich im Bett und leide fürchterlich. Meine Frau fragt - Achtung, großes Vorurteil - besorgt: "Kann ich etwas für Dich tun? Kann ich Dir was zu essen machen?"

Ich trinke die ganze Woche brav Tee, esse Pudding und Butterkekse, liege im Bett, lese, inhaliere, gucke fern - und tue eigentlich nichts, das in irgendeinem Sinne mit einer Diät zu tun hat. Nach vier Tagen bin ich wieder topfit, aber ich denke mir: Nun ist die Woche schon verloren, nennen wir sie einfach eine "Ausfall-Woche".

Und am Mittwoch habe ich tatsächlich ein halbes Kilo verloren. Wer hätte das gedacht? Wenn ich gewusst hätte, dass das so einfach wird, hätte ich von Anfang an nichts gemacht. Nein, liebe Leser, ich weiß schon, dass es vor allem der Flüssigkeitsverlust während der Krankheit war, der dafür gesorgt hat, dass ich abgenommen habe.

Deshalb geht es nächste Woche voller Elan ins nächste Projekt. "Wieso nächstes Projekt?", fragt mich die Kollegin und lacht hinterhältig. "Die Brigitte-Diät ist doch nur um eine Woche verschoben."

Das ist kein Klischee: Wenn's um die Arbeit geht, sind Frauen einfach nur gemein!

Also, in der kommenden Woche: der ultimative Härtetest für jeden Mann: die Brigitte-Diät! Da heißt es als Mann: tapfer sein! Ich bleibe dran!

Ab sofort können Sie alle Kolumnen auch bookmarken, um sie schneller zu finden: Einfach www.sueddeutsche.de/sixpack eingeben und keine Kolumne verpassen!

"Projekt 15" erscheint regelmäßig bei sueddeutsche.de. Wollen Sie einen Kommentar zur Kolumne abgeben möchten, können Sie das gerne unten tun.

Wollen Sie dem wild Entschlossenen eine Nachricht schicken, ihm Tipps, Rezepte und Tricks verraten, bitte an diese Adresse:

juergen.schmieder@sueddeutsche.de

© sueddeutsche.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: